2004 fand offenbar das erste und das letzte gemeinsame Abendessen der beiden Unternehmer statt.

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"Jeff who?" Mit diesen Worten reagierte Elon Musk 2017 in einem BBC-Interview grinsend auf eine Frage, die Amazon-Chef Jeff Bezos beinhaltete. Die beiden Unternehmer rittern seit knapp 20 Jahren in mehreren Geschäftsfeldern um die Spitzenposition – und natürlich um den Titel Reichster Mann der Welt. Eigentlich könnten sich die beiden Herrschaften die diversen Geschäftsfelder untereinander aufteilen, aber egal, was Musk macht – Bezos will es besser machen. Die beiden Männer sind dabei so unterschiedlich, dass eine Freundschaft oder gar Zusammenarbeit in irgendeiner Form auch in den nächsten 20 Jahren unmöglich scheint.

Sam Cornwell

Das erste Treffen

2004 lernten sich die beiden Männer bei einem Abendessen kennen, schrieb Christian Davenport in seinem Buch "Space Barons". Dabei ging es tatsächlich schon um Tipps in Richtung Bezos, wie man am besten Raketen baut. Musk wird in dem Buch zitiert: "Ich habe mein Bestes getan, um gute Ratschläge zu geben, aber er hat mich größtenteils ignoriert." Bereits vier Jahre vor dem Treffen, im Jahr 2000, gründete Bezos die Firma Blue Origin, die sich mit der Erforschung von privat hergestellten Raketen beschäftigte. Musk zog 2002 mit Space X nach. Bis 2004 hatten jedoch beide Firmen noch keinen erfolgreichen Raketenstart hingelegt.

Der Kampf ums Weltall

2013 dann ein erster Meilenstein und das erste Zusammenkrachen der Beiden. Space X durfte seine erste Rakete von der Nasa-Basis Kennedy Space Center starten. Bezos reagierte verschnupft und legte Protest gegen die exklusive Zusammenarbeit ein. Die Basis solle in einen "kommerziellen Raumhafen für alle Firmen" umgewandelt werden, schrieb Blue Origin. Musk reagierte mit einer öffentlichen E-Mail, in der geschrieben stand, dass der Protest eine "falsche Sperrtaktik" sei. Man würde die Startrampe aber gerne teilen, wenn Blue Origin so weit sei. Einen sarkastischen Nachsatz, wohl aufgrund des langsamen Fortschritts bei der Konkurrenz, konnte sich Musk allerdings nicht verkneifen: "Aber ehrlich gesagt glaube ich, dass wir vorher Einhörner in einem der Feuerschächte tanzen sehen werden."

Die Konflikte hielten über die Jahre an. 2014 sicherte sich Blue Origin ein Patent für einen Raketen-Booster, der bei der Rückkehr und Landung von Raumschiffen helfen soll. Space X legte Berufung ein und gewann. 2016 versuchte Bezos die Space-X-COO Gwynne Shotwell abzuwerben, doch sie gab ihm einen Korb. Weitere Abwerbungen erwähnte Musk in einem Interview mit den Worten: "Wir verdoppeln ihr Gehalt" – das sei immer der Erstkontakt gewesen, wenn Blue Origin seine Mitarbeiter anschrieb. Das sei laut ihm "entbehrlich und respektlos".

Der Erfolg gab jedoch stets Musk recht. Im April 2022 flogen vier seiner Raumfahrer zur internationalen Raumstation, und auch wenn Blue Origin die ersten Weltraumtouristen vor Space X im Herbst 2021 ins All schickte, der Sicherheitsabstand, was den Erfolg betrifft, bleibt zwischen den beiden Unternehmen weiterhin bestehen.

Den Roboter-Raumfrachtträger- und Lander Blue Moon kommentierte Musk 2019 mit den Worten: "Das Wort 'Blau' auf einen Ball zu schreiben ist ein fragwürdiges Branding."
Foto: Patrick Semansky

Satellitenwettrennen

Das Projekt Starlink von Elon Musk ist ein von Space X betriebenes Satellitennetzwerk, das auch in den entlegensten Orten der Welt Internetzugang ermöglichen soll, und das mit bereits über 1.000 Satelliten, die rund um die Erde kreisen. Auch in der Ukraine sorgte Starlink für Schlagzeilen, nachdem Musk im Kriegsgebiet mit einer sicheren Kommunikationsleitung Unterstützung versprochen hatte.

Aber auch in diesem Feld gönnt Bezos seinem Kontrahenten den alleinigen Ruhm nicht und kündigte deshalb 2019 das Project Kuiper an, sein eigenes Satelliten-Internet-Vorhaben. 3.000 Satelliten wolle man möglichst rasch ins All schießen, kündigte der US-Konzern Amazon zum Start des Projekts an. Den Twitter-Beitrag dazu kommentierte Musk mit "Copycat", Nachahmer, und markierte Jeff Bezos, damit dieser den Tweet auch ja sehen würde.

Mehrere Klagen von Bezos in Richtung Starlink, etwa über zwei unterschiedlich eingesetzte Standards bei Satelliten, nannte Musk in einer Aussendung "andauernde Angriffe der Amazon-Firmen, um den Mitbewerb zu verbieten, dort Fortschritt zu erzielen, wo es Amazon nicht schafft". Aufgrund der weiter andauernden Klagen von Amazon ließ sich Musk erneut zu einem Tweet hinreißen der meinte, Space X zu klagen sei Bezos' "eigentlicher Vollzeitjob".

Unterschiedlicher Umgangston

Diese Tweets waren nicht die einzigen, die Musk auf Bezos losließ. Der Tesla-Chef ist dabei allerdings immer verspielter, postet auch Memes zu Games oder kommentiert Beiträge anderer, auch schon einmal mit einem Kack-Emoji. Bezos, der seit den Bemühungen Musks, Twitter zu kaufen, weit aktiver auf der Nachrichtenplattform ist, versucht nach außen eher, der professionelle und ernstzunehmende Geschäftsmann zu sein. Kommentare zur aktuellen Finanzpolitik der Biden-Regierung, Buchtipps im Bereich Management oder auch ein emotionales Tribut an seinen Vater, der als Einwanderer in die USA gekommen ist – Bezos tritt völlig anders auf als der laute Musk.

Nur gelegentlich versucht der ehemalige Amazon-Chef wilder aufzutreten, etwa mit seinem Partybild von der Silvesternacht 2021, das ihm viel Hohn einbrachte.

Bezos, wie er ins Jahr 2022 gefeiert hat – veröffentlicht auf seinem Instagram-Kanal.
Foto: Jeff Bezos/Instagram

E-Streitigkeiten

In noch einem "Musk"-Bereich will sich Bezos engagieren: bei selbstfahrenden E-Autos. Zu diesem Zweck übernahm Amazon im Jahr 2020 das Start-up Zoox für 1,2 Milliarden Dollar. Zoox hatte sich im Bereich selbstfahrende Autos einen Namen gemacht – ein Bereich, den Musk mit Tesla anführen wollte. Zusätzlich wurde Amazon einer der größten Aktionäre von Rivian, einem börsennotierten US-Hersteller von Elektroautos. Neben einem SUV und einem Pick-up hat Rivian für Amazon bereits ein elektrisches Lieferfahrzeug entwickelt.

Bei der Übernahme von Zoox tweetete Musk erneut "Nachahmer" in Richtung Bezos. Mit Rivian folgten einige Rechtsstreitigkeiten. So klagte Tesla im Juli 2020 ehemalige Mitarbeiter, die Betriebsgeheimnisse an ihren neuen Arbeitgeber weitergegeben haben sollen: Rivian. Rivian antwortete mit einer Gegenklage, da Tesla sich allein auf Spekulationen stütze und nicht auf Fakten. Das E-Auto-Start-up sprach von einem Versuch, das Justizsystem zu benutzen, "um von Teslas eigenen Herausforderungen abzulenken, um Angst, Unsicherheit und Zweifel an Rivian zu schüren und um einen Vorwand zu liefern, um Rivian und eigene ehemalige Mitarbeiter in der Presse zu verunglimpfen".

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Ex-Mitarbeiter von Tesla sollen Insiderwissen zum Mitbewerber Rivian mitgenommen haben.
Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/JUSTIN SULL

Reichster Mann der Welt

Der für die meisten Menschen wohl unwichtigste Streitpunkt zwischen den beiden Unternehmern ist der Kampf um die Krone des reichsten Mannes der Welt. Seit April 2022 ist Musk wieder die Nummer eins. Bei den aktuellen Schwankungen im Finanzbereich könnte sich das zwar bald wieder ändern, aber derzeit verfügt der südafrikanische Unternehmer über ein Vermögen von rund 220 Milliarden Dollar (rund 200 Milliarden Euro). Bezos, der die Spitzenposition bereits mehrfach erobern konnte, hat derzeit ein Vermögen von rund 171 Milliarden Dollar (rund 157 Milliarden Euro).

Musk kommentierte seinen Schritt nach ganz oben laut "Forbes" mit den Worten, er werde eine große Statue mit der Nummer 2 an den Amazon-Gründer schicken – zusammen mit einer Silbermedaille.

Alles nur Show?

Bei all den Rechtsstreitigkeiten und den gegenseitigen Beleidigungen werden allerdings auch zunehmend Stimmen laut, die den beiden Unternehmern PR-Stunts vorwerfen. Das gegenseitige Befeuern in Sachen Raumfahrt habe etwa den beiden eine Monopolstellung gesichert, noch bevor einer der beiden eine Rakete ins All geschossen hatte, schrieb etwa "The Conversation" 2021. Peter Thiel, ebenfalls erfolgreicher Unternehmer und Ex-Kollege von Musk bei Paypal, schrieb 2014 in seinem Buch "Zero to One", dass "Konkurrenzkampf ein historisches Relikt sei". Tech-Barone hätten vieles im Sinn, aber nicht, gegeneinander zu arbeiten. Milliardäre würden ihren Status dazu benutzen, die Illusion von Konkurrenzkampf zu erzeugen, obwohl es keinen gebe.

Co-Gründer von Google, Larry Page, sagte dazu einmal auf einer Konferenz, dass die Milliardäre aus dem Silicon Valley "ein Rudel Hunde sind, die wie Klebstoff aneinander picken". Bei Musk und Bezos dennoch schwer vorstellbar. (Alexander Amon, 16.6.2022)