Zu einem zweiten Rave war es am Gardasee nicht gekommen.

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Die erste "Afrika-Party" hatte am 2. Juni, dem Tag der italienischen Republik, im beliebten Badeort Peschiera del Garda stattgefunden – und endete in Alkoholexzessen und Tumulten. Etwa 2.500 Personen – vorwiegend junge Männer mit nordafrikanischem Migrationshintergrund – hatten sich zu einem Rave unter dem Motto "L'Africa a Peschiera" ("Afrika in Peschiera") versammelt, der auf der Plattform Tiktok angekündigt worden war.

Mehrere Dutzend der Teilnehmer zettelten danach Schlägereien an und begingen Sachbeschädigungen. Am Abend wurden im Regionalzug von Peschiera nach Mailand außerdem mehrere junge Frauen von männlichen Partyteilnehmern sexuell belästigt und beleidigt. Die 16- bis 17-jährigen Mädchen, die sich auf dem Heimweg aus dem Freizeitpark Gardaland befanden, hatten vom Zug aus ihre Eltern angerufen, die die Polizei alarmierten.

Aus der Lombardei und Veneto

Inzwischen ermittelt die Justiz gegen rund dreißig junge Männer; bei den meisten der Verdächtigen handelt es sich um in Italien geborene Söhne nordafrikanischer und vor allem marokkanischer Einwanderer. Die meisten von ihnen wohnen in der Lombardei und in der Region Veneto.

Die Ausschreitungen sind von rechten und linken Parteien scharf verurteilt worden; die Bürgermeisterin von Peschiera del Garda, Orietta Gaulli, und ihr Kollege vom benachbarten Städtchen Desenzano warfen dem lokalen Polizeipräfekten vor, auf die Flashmob-Party nicht angemessen vorbereitet gewesen zu sein, obwohl sie davon gewusst hätten. Luca Zaia, der Regionalpräsident von Venetien und Mitglied der rechtsnationalen Lega, forderte eine Null-Toleranz-Politik und harte Konsequenzen für die Straftäter.

Jugendliche bleiben unbeeindruckt

Die "Afro-Baby-Gang", wie die Teilnehmer der Partys von den italienischen Medien umgehend genannt wurden, hat sich bisher aber weder von den Justizermittlungen noch von den Forderungen nach hartem Durchgreifen groß beeindrucken lassen. Bereits zwei Tage nach den Ausschreitungen von Peschiera wurde auf Tiktok für den 4. Juni in Peschiera ein zweiter Rave angekündigt.

Und am vergangenen Freitag wurde ein weiteres Video mit dem vielsagenden Text "Peschiera war nur der Vorgeschmack, wir sehen uns in Riccione" verbreitet. Auf dem Video sind marokkanische Fahnen und der Schriftzug "Peschiera ist Afrika, Riccione ist Marokko" zu sehen. Die Behörden haben in der Folge am 4. Juni in Peschiera und am vergangenen Wochenende im Badeort Riccione an der Adria sowie im nahen Rimini die Sicherheitsvorkehrungen massiv verstärkt.

Neofaschistische Versammlung

Nur: Weder am 4. Juni in Peschiera noch am vergangenen Wochenende in Riccione war von der "Afro-Baby-Gang" auch nur ein Teilnehmer zu sehen. Entweder haben sie mit ihren angekündigten Flashmobs die Behörden absichtlich zum Narren gehalten, oder sie haben angesichts der verstärkten Polizeipräsenz schließlich doch Bammel bekommen.

Stattdessen haben sich in Peschiera am Samstag Mitglieder der neofaschistischen Gruppierung Casa Pound vor dem Bahnhof zu einem Sit-in versammelt, "um unser Land und unsere Leute zu verteidigen", wie es auf den Flugblättern hieß. Auch der wegen seiner Putin-Verehrung politisch angeschlagene Lega-Chef Matteo Salvini meldete sich zu Wort. "Gewalt und Drohungen sind nicht willkommen, wenn es diesen 'guten Jungs' hier nicht gefällt, können sie Italien genauso gut verlassen, zusammen mit den mitschuldigen oder abgelenkten 'Eltern'", schrieb der Lega-Chef, der das Tiktok-Video auf Twitter weiterverbreitet hatte. (Dominik Straub aus Rom, 13.6.2022)