Tanken macht in Deutschland wie auch anderswo schon seit längerem wenig Spaß. Die Regierung wollte Bürgerinnen und Bürgern mit Gegenmaßnahmen unter die Arme greifen. Doch der Frust ist groß.

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"Das gibt’s ja nicht, schon wieder teurer!" Entsetzen wie in dieser Aussage wird derzeit in Deutschland täglich tausendfach im Auto geäußert. Dann nämlich, wenn der Deutschen liebstes Verkehrsmittel auf eine Tankstelle zurollt und der Blick auf die Preisanzeige fällt.

Höher und höher sind die Spritpreise seit Beginn des Ukraine-Krieges geklettert. So hoch, dass die deutsche Ampelregierung aus SPD, Grünen und FDP beschlossen hat, mit einer Spritpreisbremse einzugreifen. Am 1. Juni senkte sie die Energiesteuer auf Benzin und Diesel – befristet bis zum 31. August.

Benzin sollte um 30 Cent pro Liter günstiger werden, Diesel um 14 Cent. Tatsächlich war am 1. Juni eine spürbare Entlastung zu bemerken. Doch rund zwei Wochen später ist davon nicht mehr viel zu sehen, die Preise klettern wieder nach oben. Dies bekommt nicht nur, wer an der Zapfsäule steht, zu spüren, den Anstieg verzeichnen auch der ADAC und Vergleichsportale.

So sank der Preis für einen Liter Diesel vom 31. Mai auf den 1. Juni nach Angaben des Portals clever-tanken.de von 2,05 Euro auf im Schnitt um 12,5 Cent auf 1,925 Euro. Benzin wurde um 28,4 Cent billiger und kostete noch 1,87 pro Liter. Auf dem Stand vom 13. Juni lag der Diesel jedoch wieder bei 2,03 Euro, ein Liter Benzin bei 1,95 Euro pro Liter.

Buhmann Ölkonzerne

Als Buhmann wurde schnell die Mineralölindustrie ausgemacht. Diese, so der vorwurfsvolle Tenor, würde sich selbst bereichern. "Dass die Mineralölkonzerne jetzt diese Preiserleichterung nicht vollständig an die Verbraucher weitergeben, das stinkt zum Himmel", kritisiert SPD-Chefin Saskia Esken.

Robert Habeck, der grüne Wirtschafts- und Klimaschutzminister, ist ebenfalls nicht zufrieden: "Die ersten Datensätze des Bundeskartellamts zum Tankrabatt zeigen, dass die Abstände zwischen Rohöl- und Tankstellenpreisen seit Monatsbeginn stark gestiegen sind", erklärte er im "Spiegel".

Offenkundig sei "das eingetreten, wovor viele Experten gewarnt hatten: Die Mineralölkonzerne streichen den Profit ein, die Verbraucherinnen und Verbraucher merken nichts von der Steuersenkung."

Verschärftes Kartellrecht

Habeck droht nun mit einer Verschärfung des Kartellrechts, um notfalls auch eine Zerschlagung der Unternehmen zu ermöglichen. Außerdem sollen unrechtmäßige Gewinne leichter abgeschöpft werden können. Dies ist in einem Positionspapier des Wirtschaftsministeriums vorgesehen. Bisher ist so ein Vorgehen an hohe Hürden geknüpft. "Ein Recht, das nicht genutzt werden kann, ist nicht im Sinne des Erfinders", sagt Habeck.

Die gescholtene Mineralölindustrie will die Kritik aber nicht auf sich sitzen lassen. Der Sprecher des Mineralöl-Lobbyverbands Fuels und Energy, Alexander von Gersdorff, erklärt, dass die Beschaffungskosten für Benzin und Diesel stark gestiegen seien, auch der gestiegene Rohölpreis spiele eine Rolle. Die Energiesteuersenkung komme deshalb "nur auf den ersten Blick nicht beim Kunden an".

Rabatt geht an Kunden

Ohne den Tankrabatt würde der Preis noch höher liegen. Schützenhilfe kommt vom Münchner Ifo-Institut. Nach dessen Berechnungen haben die Ölkonzerne den Tankrabatt weitgehend an die Autofahrer weitergegeben.

Grundlage der Berechnungen war der Vergleich mit Frankreich, wo es keinen Tankrabatt gibt. Dort wurde Benzin in den vergangenen Wochen infolge steigender Ölpreise demnach kontinuierlich teurer.

Dennoch kritisiert Ifo-Chef Clemens Fuest den Tankrabatt: "Er kommt Menschen mit höherem Einkommen und höheren Spritausgaben zugute und nicht Menschen mit geringem Einkommen."

Eigentlich sollen auch mehr Deutsche auf den Nahverkehr umsteigen, daher gibt es seit dem 1. Juni – ebenfalls für drei Monate befristet – ein neues günstiges Ticket. Für neun Euro kann man den gesamten Nah- und Regionalverkehr nutzen. Bisher wurden 16 Millionen Tickets verkauft, das Fahrgastaufkommen in Regional- und S-Bahnen hat sich im Vergleich zum Mai um rund 25 Prozent erhöht. (Birgit Baumann aus Berlin, 15.6.2022)