Die Hoffnung vieler Verhandlungen 2022 über medienpolitische Maßnahmen.

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Wien – Fünf Menschen werden dem künftigen Geschäftsführer der Medienförderstelle RTR empfehlen, wie er heuer 54 und danach jährlich 20 Millionen Euro der neuen Digitaltransformationsförderung an klassische Medienhäuser vergeben soll. Update: Der Ministerrat beschloss am Mittwoch die von Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) vorgeschlagene Besetzung. Und auch wer RTR-Geschäftsführer werden könnte, wird wieder ein Stückchen konkreter.

Drei Bewerber, eine Bewerberin im Hearing für RTR-Führung

Ins Hearing für die RTR-Führung am Dienstag wurden nach STANDARD-Informationen vom Mittwoch drei Herren und eine Frau eingeladen, nur einer bestätigt Bewerbung und Teilnahme am Hearing – das ist der Leiter der RTR-Rechtsabteilung Stefan Rauschenberger,

Zudem sollen am Hearing Wolfgang Struber (Radio Arabella), Petra Höfer (ORF) und ein Jurist teilgenommen haben, der schon für ProSiebenSat1Puls4 gearbeitet hat.

Die Hearingkommission im Kanzleramt reiht die Kandidatinnen für die Medienministerin. Wer in dieser Kommission sitzt, ist bisher nicht öffentlich bekannt – bis auf ihren Vorsitzenden Albert Posch, den Leiter des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt und früheren Kabinettchef von Gernot Blümel (ÖVP) als Kanzleramtsminister.

Die Hearing-Kommission

Bei der vorangegangenen Besetzung der RTR-Führung durch Medienminister Thomas Drozda (SPÖ) bildeten damalige Sektionschefs des Bundeskanzleramts diese Hearingkommission, auch ein Personalvertreter der RTR soll damals in der Kommission gesessen sein. Diese Kommission reihte wie berichtet den Medienmanager und Journalisten Sebastian Loudon an die erste Stelle. Drozda bestellte den von der Kommission weiter hinten gereihten Oliver Stribl zum RTR-Chef, Stribl ging nun zur Wien Holding.

Diesmal wurde Loudon, nun "Datum"-Herausgeber, nicht zum Hearing eingeladen. Laut Kanzleramt traf die Auswahl für das Hearing die Beratungsfirma Deloitte.

Das allerdings deckt sich nicht mit den Angaben von Deloitte: Bewerberinnen wurden von der Beratungsfirma informiert, dass die Kommission nach Analyse der Bewerbungen entschieden habe über die Einladung von Bewerberinnen und Bewerbern.

Nach STANDARD-Informationen sollen der aktuellen Hearingkommission für die RTR-Geschäftsführung neben Verfassungsdienst-Leiter Posch noch der Generalsekretär des Bundeskanzleramts, Bernd Brünner, angehören, er war 2017/18 Kabinettchef* von Sebastian Kurz im Kanzleramt. Zudem soll ihr Bernardett Humer angehören, Leiterin der Sektion Familie und Jugend des Kanzleramtsministeriums von Susanne Raab. Sie war zuvor stellvertretende Kabinettchefin bei Sophie Karmasin als Familienministerin und 2015 Spitzenkandidatin der ÖVP Wien in Mariahilf. Diesmal soll ein Personalvertreter des Bundeskanzleramtes (und nicht wie 2017 einer der RTR GmbH) in der Hearingkommission gesessen sein (Korrektur: wie sich später herausstellte, war es ein Mann aus der Personalabteilung, nicht aus der überwiegend noch SPÖ-nah besetzten Personalvertretung, siehe Update unten).

Anfragen im Bundeskanzleramt über diese Besetzung der Hearingkommission für die RTR-Geschäftsführung blieben bisher inhaltlich unbeantwortet. Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter forderte zuletzt Transparenz der Besetzung und der Entscheidungsfindung.

Transparenz nach Bestellung

Transparenz schreibt das Stellenbesetzungsgesetz jedenfalls nach der Bestellung vor: Es sieht unter "Veröffentlichung" vor: "Das für die Besetzung zuständige Organ hat den Namen der Person, mit der die Stelle besetzt worden ist, und die Namen aller Personen, die an der Entscheidung über die Besetzung mitgewirkt haben, zu veröffentlichen." Dies im Amtsblatt der "Wiener Zeitung" und zumindest einer weiteren bundesweit verbreiteten Tageszeitung.

Foto: Amtsblatt Wiener Zeitung

Beirat fix

Fix beschlossen hat der Ministerrat die Besetzung des Digitalförder-Beirats (die STANDARD-Infos darüber sind damit inzwischen bestätigt):

Kanzleramt und ...

Die Besetzung des Beirates bewegt sich, grob umrissen, zwischen Kanzleramt und Community-Medien: Amra Ducić, sie leitet die Abteilung Digitale Kommunikation im Bundeskanzleramt. Zudem Michael Ulrich und Sophie Ernest, auch sie schon am Ballhausplatz tätig. Sophie Ernest, damals geborene Gnesda, war Sprecherin von Gernot Blümel als Kultur-, Europa- und Medienminister in der ÖVP-FPÖ-Koalition. Ernest leitet heute als Geschäftsführerin Incite, die Akademie des Fachverbandes Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie (Ubit) der Wirtschaftskammer Österreich.

... Community-Medien

Dem Fachbeirat gehört auch Helmut Peissl an, auch er leitet eine Ausbildungsinstitution: Peissl ist Obmann des Community-Medien-Instituts Commit für freie Radios und Community-Sender.

Mitglied ist zudem Marie Ringler. Sie leitet die Europa-Aktivitäten von Ashoka, der nach eigenen Angaben weltgrößten Organisation zur Unterstützung innovativen sozialen Unternehmertums. Ringler war in den 2000ern Grünen-Abgeordnete im Wiener Landtag. 2017 entsandten sie die Grünen vorübergehend in den ORF-Stiftungsrat.

Empfehlungen beim Beirat

Die Digitaltransformationsförderung geht an klassische private Medienhäuser und soll dort Digitalprojekte fördern – von Journalismus über Technologie bis Marketing. Im ersten Jahr 2022 stehen 54 Millionen Euro zur Vergabe an, danach 20 Millionen jährlich.

Entscheidung beim RTR-Chef

Die Empfehlungen des Beirates sind – wie bei den Beiräten anderer Medienförderungen über die RTR oder die Medienbehörde Komm Austria – nicht bindend. Über die Vergabe der Digitaltransformationsförderung entscheidet der Geschäftsführer oder die Geschäftsführerin der RTR GmbH allein – wie auch über 20 Millionen Euro Förderung für kommerziellen Privatrundfunk, fünf Millionen für nicht kommerziellen Privatfunk sowie 13,5 Millionen Euro für TV-Produktionen.

Am Dienstag fanden die Hearings von Bewerberinnen und Bewerbern unter der Leitung von Albert Posch statt, dem Leiter des Verfassungsdienstes, zuvor Kabinettschef bei Blümel als Kanzleramtsminister.

Arabella und Aussicht

Als aussichtsreicher Bewerber für die Funktion des RTR-Geschäftsführers wird etwa Wolfgang Struber gehandelt, langjähriger Geschäftsführer von Radio Arabella im Besitz der bayerischen Oschmann-Gruppe und der Vorarlberger Russmedia. Struber reagierte bisher nicht auf STANDARD-Anfragen nach einer Bewerbung für die RTR.

"Sicher nicht"

  • Update: Um das Hearing am Dienstag machte auch neuerlich die Runde, die ehemalige Geschäftsführerin der Österreich-Werbung, Petra Stolba, habe sich für die Funktion des RTR-Geschäftsführers beworben. Stolba verneint das am Mittwoch auf STANDARD-Anfrage entschieden: Sie habe sich "sicher nicht" um die RTR-Geschäftsführung beworben und sei am Dienstag auch bei keinem Hearing dafür gewesen. Sie habe sich, wie berichtet, um die Geschäftsführung der Schönbrunn-Betriebsgesellschaft beworben und ihre Bewerbung zurückgezogen, als sie nicht zum Hearing eingeladen wurde.
  • Eine Bewerbung dürfte aber ORF-Managerin Petra Höfer abgegeben haben. Sie nahm dazu auf STANDARD-Anfrage bisher nicht Stellung.
  • Eine Bewerbung bestätigt Stefan Rauschenberger, Leiter der Rechtsabteilung der RTR. Er hat sich schon 2017 beworben und war auch am Dienstag beim Hearing für die Funktion.
  • Ein weiterer Bewerber im Hearing ist Jurist, er hat schon einmal in der Rechtsabteilung bei ProSiebenSat1Puls4 gearbeitet.

(fid, 14.6.2022)

Dieser Artikel wird laufend aktualisiert und ergänzt.