Schwangere haben ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe.

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Oslo/Washington – Schwangere sollten sich auf jeden Fall gegen Covid-19 impfen lassen. Sie haben ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe. Auch Schwangerschaftskomplikationen und Frühgeburten können die Folge sein. Es gibt jetzt laut norwegischen Wissenschafterinnen noch ein zusätzliches Argument für die Immunisierung gegen Sars-CoV-2: Auch die Babys werden durch die Impfung offenbar zum Teil vor einer Infektion geschützt.

Ellen Carlsen vom Zentrum für Fertilität des norwegischen Instituts für öffentliche Gesundheit und ihre Co-Autorinnen haben vor kurzem im Journal des amerikanischen Ärzteverbandes eine entsprechende Studie mit Daten aus dem landesweiten Gesundheitsregister veröffentlicht. Darin sind auch Informationen über alle Neugeborenen enthalten. Ausgewertet wurden die Daten der Babys (Geburtsdatum zwischen 1. September 2021 und 28. Februar 2022) und ihrer Mütter, was Impfstatus und Infektionsraten bei den Kindern innerhalb ihrer ersten vier Monate betraf.

Verglichen wurden die Informationen über insgesamt 21.643 Babys. Die Mütter von 45 Prozent der Kinder (9.739) hatten zwei oder bereits drei Covid-19-Impfungen (mRNA-Impfstoffe) erhalten. Ausgewertet wurde auch nach zwei Zeiträumen: zwischen 1. September und 31. Dezember 2021 mit dem Vorherrschen der Delta-Variante von Sars-CoV-2 in Norwegen und nach dem 1. Jänner dieses Jahres mit Omikron.

71 Prozent geringeres Ansteckungsrisiko

Für viele Impfungen ist seit Jahren belegt, dass Impfungen während der Schwangerschaft über die mütterlichen Antikörper, welche die Kinder "abbekommen", auch einen Schutz für die Babys bringen. Das könnte auch bei Covid-19 der Fall sein.

Dafür sprechen folgende Ergebnisse: Insgesamt wurden in den ersten vier Lebensmonaten aller Babys 5,8 Sars-CoV-2-Infektionen pro 10.000 Tage als Beobachtungszeitraum festgestellt. Im ersten analysierten Zeitraum bis Ende 2021 (Delta-Variante) gab es 1,2 Sars-CoV-2-Infektionen pro 10.000 Tage (Babys bis zu vier Monate alt) unter den Kindern von geimpften Müttern, hingegen drei Infektionen/10.000 Tage (Babys bis vier Monate) bei Kindern von ungeimpften Müttern. Das bedeutet eine Reduktion des Ansteckungsrisikos um 71 Prozent.

Geringer war der Effekt während der Omikron-Welle: Hier zeigte sich ein Schutzeffekt bei Babys von geimpften Müttern innerhalb der ersten vier Lebensmonate von 33 Prozent im Vergleich zu den Babys von Müttern ohne Sars-CoV-2-Impfung während der Schwangerschaft.

Impfgremium empfiehlt mRNA-Impfung für Schwangere

Das nationale österreichische Impfgremium hat für Schwangere eine eindeutige Empfehlung für die Sars-CoV-2-Imfpung formuliert. "Während der Schwangerschaft besteht ein erhöhtes Risiko, bei einer Erkrankung mit Covid-19 intensivpflichtig zu werden und eine invasive Beatmung (Intubation) zu benötigen sowie an eine ECMO angeschlossen zu werden. Zusätzlich besteht ein erhöhtes Risiko einer Frühgeburt. Die derzeit vorliegenden wissenschaftlichen Daten zeigen keine nachteiligen Effekte oder Auffälligkeiten bei der Anwendung von Covid-19-Impfstoffen bei Schwangeren. Zahlreiche Behörden, Gremien und internationale Fachgesellschaften (zum Beispiel die US-Zentren für Krankheitskontrolle/CDC oder die deutsche Ständige Impfkommission/Stiko) sowie die EMA empfehlen daher die Covid-19-Impfung während der Schwangerschaft", heißt es dort.

Die Impfung solle im zweiten oder dritten Schwangerschaftsdrittel vorgenommen werden. "Umfangreiche Anwendungsbeobachtungen von mRNA-Impfstoffen bei schwangeren Frauen, die während des zweiten und dritten Trimenons geimpft wurden, haben keine Zunahme unerwünschter Schwangerschaftsausgänge gezeigt", stellten die Experten fest. (APA, 15.6.2022)