Der islamistische Extremismus stelle in Österreich wieder eine akute Bedrohung dar, sagt Verfassungsschutz-Chef Omar Haijawi-Pirchner.

Foto: AFP/ALEX HALADA

Nach Medienberichten über eine ominöse IS-Zelle rund um den Wien-Marathon hat sich Omar Haijawi-Pirchner, Chef der Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), im Ö1-"Morgenjournal" zum Zustand der Extremistenszene in Österreich geäußert. Demnach ist nicht mehr Rechtsextremismus die größte Gefahr für Österreich.

Im vergangenen Dezember, während der Hochphase der Pandemie, hätten Rechtsextremisten auf den Demos gegen die Corona-Beschränkungen massiv mobilisiert. Islamistische Extremisten hätten sich unterdessen in den virtuellen Raum zurückgezogen, sagte Haijawi-Pirchner: "Jetzt wird ersichtlich, dass während der Pandemie islamistische Extremisten die Zeit genutzt haben, um Onlinepropaganda zu konsumieren. Die Radikalisierung ist gestiegen, die Auswirkungen bekommen wir jetzt zu spüren."

Konkret bedeutet das: Die Islamistenszene beginne seit Wegfall der Ausgangsbeschränkungen wieder zu rekrutieren und Zusammenkünfte außerhalb des Internets zu organisieren, erklärte Haijawi-Pirchner – eine Herausforderung für die Sicherheitsbehörden. Corona habe alle extremistischen Strömungen befördert, konstatiert er: "Neben der Bedrohung durch den Rechtsextremismus würde ich auf jeden Fall islamistische Organisationen im Fokus des Verfassungsschutzes sehen."

Wieder eine Bedrohung für Österreich

In der heimischen Jihadisten-Szene tue sich nun wieder etwas: "Die Strukturen in Österreich sind erwacht. Derzeit ist zu spüren, dass der islamistische Extremismus wieder erwacht und wieder eine akute Bedrohung in Österreich darstellt", sagte der oberste Verfassungsschützer.

Die DSN arbeite eng mit anderen Geheimdiensten zusammen, um die Lage lückenlos zu überwachsen. Das dränge die Szene zwar in die Defensive, mache sie aber nicht weniger gefährlich, sagte Haijawi-Pirchner. Zuletzt habe es – anders als jüngste Medienberichte zum Wien-Marathon suggerieren – keine Anzeichen für konkrete Anschlagspläne in Österreich gegeben, Terror sei aber weltweit eine reale Bedrohung. (rach, 15.6.2022)