Der Krypto-Markt brennt – aber er ist nicht allein.

Foto: imago images/ZUMA Press

Der Boden ist noch nicht erreicht – da sind sich diverse Krypto-Experten derzeit einig. Speziell der Fall des Bitcoin habe möglicherweise massive Auswirkungen auf den gesamten Markt. Peter Brandt, erfahrener Kryptohändler der ersten Stunde, stellt sogar ein Szenario in den Raum, das viele nicht hören wollten: einen weiteren Zusammenbruch des Kryptomarktes. Winter is coming!

Der Verlauf in den letzten vier Wochen macht vielen Anlegern Sorge.
Foto: Coinmarketcap

Krisenstimmung

14 Millionen Dollar hat sich Coinbase, beliebter Umschlagplatz für Coins und Token, vor vier Monaten einen Werbespot beim Superbowl kosten lassen. Am Dienstag verkündete der CEO des Unternehmens, Brian Armstrong, rund 20 Prozent der Belegschaft, immerhin über 1.000 Mitarbeiter, kündigen zu wollen. Die ökonomischen Umstände würden derzeit in einen "Krypto-Winter" führen, und man habe in letzter Zeit wohl etwas zu viele Mitarbeiter aufgenommen. Der Begriff Krypto-Winter wurde zuletzt 2017 strapaziert, als Bitcoin damals von seinem Allzeithoch, rund 20.000 Dollar, auf unter 8.000 fiel.

Coinbase steht mit den Kündigungen in der Branche nicht allein da. Unternehmen wie Blockfi, Crypto.com oder auch Gemini hatten in den vergangenen Wochen ebenfalls verkündet, sich von mehreren Mitarbeitern trennen zu müssen.

Über die Umstände der Talfahrt wird nicht spekuliert – die Fakten liegen auf dem Tisch. Initialer Auslöser für die Katerstimmung sind eine hohe Inflation und die Sorge vor einer weiteren Erhöhung des Leitzinses der US-Notenbank Fed. Aber nicht nur das. Hinzu kommen Hiobsbotschaften aus der Szene selbst. Am Sonntag gab etwa die Kryptofirma Celsius Network bekannt, keine Transaktionen mehr durchzuführen. Das Unternehmen mit 1,7 Millionen Kundinnen und Kunden agiert als eine Art Kryptobank, verwaltet laut den "New York Times" Vermögenswerte in Höhe von mehr als 20 Milliarden Dollar – und steckt nun in einer Krise, die den gesamten Markt weiter nach unten zieht. Derzeit wissen Investorinnen nicht, ob sie ihre Einlagen jemals wiederbekommen werden.

DER STANDARD

Weitere Verluste möglich

Der Absturz von Bitcoin unter die 20.000-Euro-Marke provozierte am Dienstag noch zusätzliche Reaktionen, ist die Währung damit doch allein in den letzten sieben Tagen um knapp 30 Prozent abgestürzt. Verfechter des Marktes verteidigen die Entwicklung, sprechen von nervösen Investoren, die Dips nicht erkennen würden und bei höheren Werten über den starken Anstieg jammern würden. Die Entwicklung sei normal, als erfahrener Anleger müsse man mit solchen Schwankungen immer rechnen.

Auf der Plattform "coin-update" wird zur aktuellen Entwicklung der Trader Arthur Hayes befragt: "Wenn diese Niveaus brechen, 20.000 BTC und 1.000 ETH, können wir einen massiven Verkaufsdruck auf den Spotmärkten erwarten, da sich die Händler absichern. Wir können auch davon ausgehen, dass es einige otc (over the counter)-Händler geben wird, die nicht in der Lage sein werden, sich richtig abzusichern, und deshalb möglicherweise in Konkurs gehen werden." Das Erhöhen der Zinssätze durch das Federal Reserve System (FED) macht weitere Verluste laut Heyes realistisch. Auch die EU arbeitet aktuell an strengeren Kryptoregeln, die schon bald in Kraft treten sollen.

In diese negative Sicht der Dinge reiht sich auch der Trader Peter Brandt ein. Er argumentiert charttechnisch und sieht den Boden bei Bitcoin bei etwa 13.000 Dollar, den von Ethereum bei 667 Dollar.

Unpassende Schadenfreude

Im Netz sehen sich alle Krypto-Kritiker im Recht. Die Meme-Schlacht wird bereits seit Wochen auf den diversen Plattformen ausgefochten – mehr oder weniger witzig. Oftmals wird der Bubble Geldgier vorgeworfen. Man habe sich in einem Hype verloren, und das Beste am Cryptocrash sei, dass Mining langsam für viele zu teuer werden würde. Das führe immerhin dazu, dass weniger Energie verschwendet werde.

Zwei Dinge finden nur wenig Erwähnung in den Kommentaren. Erstens haben auch viele Menschen in Kriegsgebieten in Krypto investiert, um ihr Vermögen abzusichern, beziehungsweise wurden gerade zum Beginn des Ukraine-Kriegs viele Spenden in Form von Kryptowährungen durchgeführt. Und zweitens stürzen gerade alle Märkte ab – völlig unabhängig davon, ob auf der Blockchain oder nicht. (aam, 15.6.2022)