Er hat es also wieder getan. Wladimir Putin hat die Gaspreise wie kurz nach dem Einmarsch in die Ukraine neuerlich durch die Decke gehen lassen. Dazu hat die Ankündigung der ihm hörigen Gazprom gereicht, aus technischen Gründen nur 40 Prozent der Kapazität über Nord Stream 1 liefern zu können. Die am Boden der Ostsee verlaufende, 2011 in Betrieb genommene Leitung ist die größte, aber nicht die einzige, die Gas aus Sibirien nach Europa bringt. Sie steht aber definitiv symbolhaft da, seitdem das Nachfolgeprojekt Nord Stream 2 im Anschluss an Russlands Einmarsch in die Ukraine von europäischer Seite abgedreht worden ist.

Putin sieht sich in die Enge getrieben.
Foto: REUTERS

Frankreich bekommt nun gar kein Gas mehr aus Russland, Italien um die Hälfte weniger, Deutschland, Tschechien und Österreich spüren den Druckabfall in der Leitung ebenfalls. Und die Konsumenten werden die Konsequenzen wohl auch bald in Form noch höherer Gasrechnungen tragen müssen.

Putin will den Druck erhöhen

Offenbar will Putin, der sich durch westliche Sanktionen infolge des Angriffskriegs auf das Nachbarland immer mehr in die Enge getrieben sieht, nun seinerseits den Druck auf Europa erhöhen und versuchen, einen Keil in den Block zu treiben. Dass wegen des Ausfalls einer Turbine, die nach Wartungsarbeiten in Kanada sanktionsbedingt nicht geliefert werden könne, dauerhaft 60 Prozent der Transportleistung wegbrechen, klingt schon einigermaßen durchsichtig.

Klar ist, dass die Liefereinschränkung Europa gerade im Hinblick auf den Winter trifft. Österreichs Speicher etwa sind zu gut 40 Prozent gefüllt; bis Oktober sollten es 80 Prozent werden, um einen Sicherheitspuffer in der nächsten Heizsaison zu haben. All das wissen die Strategen in Moskau auch. Andererseits hat Russland das Gasgeld bitter nötig und wird nichts tun, es zu verspielen. Jetzt heißt es in der EU zusammenstehen, einig bleiben und sich gegenseitig helfen. (Günther Strobl, 17.6.2022)