Weidel ist nun die Lautsprecherin in einer rechten Männerpartei.

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Als Alice Weidel am Wochenende im sächsischen Riesa ihr Wahlergebnis hörte, strahlte sie. 67 Prozent bekam sie am Parteitag bei der Wahl zur AfD-Bundessprecherin.

Das ist zwar nicht so berauschend, doch Weidel hatte mit Nikolaus Fest einen Gegenkandidaten. Und: Ihr Co-Parteichef Tino Chrupalla, der auch gegen einen Herausforderer antreten musste, erhielt nur 56 Prozent.

Es ist für Weidel ein kleiner Triumph in einer Partei, in der sie es zwar weit gebracht hat, die aber immer noch von Männern dominiert wird. Und jetzt ist die 43-Jährige ganz oben: Sie führt die AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag und steht auch an der Spitze der Partei.

2013 zur AfD

Sie versichert, die AfD sei "kein Auslaufmodell", und appelliert an den Zusammenhalt in der Partei. Daran hatte es in den vergangenen Monaten doch sehr stark gefehlt. Und Weidel weiß: Wenn es jetzt nicht klappt, wenn die AfD jetzt weiter auf der Verliererstraße bleibt, dann wird auch sie dafür die Verantwortung übernehmen müssen.

Zur AfD kam die promovierte Volks- und Betriebswirtin, die früher als Vermögensverwalterin bei Goldman Sachs gearbeitet hat und auch für die Bank of China tätig war, im Gründungsjahr 2013.

2015 zog sie in den Bundesvorstand ein, danach ging es mit der Karriere bergauf, wobei Weidel eine vielbeachtete Wandlung durchmachte: Zunächst war sie eine Gegnerin des thüringischen AfD-Politikers Björn Höcke, der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird.

Frieden mit Höcke

Sie wollte ihn sogar aus der Partei werfen, merkte dann aber, dass sein Einfluss zu groß ist. Also schloss Weidel Frieden mit ihm. Bei der Bundestagswahl 2021 war sie, gemeinsam mit Chrupalla, Spitzenkandidatin. Mit ihm führt sie auch die Bundestagsfraktion.

Und Weidel kann sich auch selbst gut durchsetzen, sie gilt in der AfD als der weibliche Lautsprecher. Sie wettert gegen "Messermänner", "Kopftuchmädchen", den "Schuldkult" der Deutschen und will eine "Festung Europa".

Untypisch für die Partei ist Weidels Privatleben. Sie lebt mit ihrer aus Sri Lanka stammenden Partnerin am Bodensee, das Paar hat zwei Söhne. Für die AfD ist das ungewöhnlich, in der die Ehe zwischen Mann und Frau dominiert.

Nun sollen Weidel und Chrupalla an der Spitze die ganze Partei abbilden. Sie ist eine gute Rednerin mit akademischem Hintergrund aus dem Westen, er ein Malermeister aus dem Osten. (Birgit Baumann, 20.6.2022)