Auch ein schlechter Ruf gehört gut gepflegt: Hank Williams Jr. lebt danach.

Hercules & Love Affair – In Amber

Andy Butler ist der Kopf hinter dem New Yorker Dance-Projekt Hercules & Love Affair. Das hat mit der Single Blind 2008 auf DFA Records einen zentralen Track zur Zeit veröffentlicht, mit Antony Hegarty alias Anohni an der Stimme, der dem Stück jene Verzweiflung einschrieb, die seine Größe ausmacht. Anohni ist auf In Amber erneut dabei, veredelt den Track One und noch einige andere. Insgesamt ist das Album aber eine vergleichsweise introspektive Arbeit geworden. Nachdenkliche Clubmusik, braucht man die? Berechtigte Frage, aber wenn, dann die von Hercules & Love Affair.

Hercules & Love Affair

Perfume Genius – Ugly Season

Hinter Perfume Genius steckt der US-Amerikaner Michael Alden Hadreas. Ein Verzweiflungskünstler, der seinen Stoff zur Not bei seinem Darmleiden bezieht. Das ist immerhin originell – oder einfach zu viel Information, je nachdem. Auf seinem sechsten Album in zwölf Jahren flötet es betulich bis sedierend aus den Boxen. Das liegt möglicherweise daran, dass die Musik als Score zu einem Tanzstück gedacht war. Die Stimme winselt, verliert sich in den Schaltkreisen und das Publikum schnell die Konzentration. Klingt wie Michael Nyman an einem ganz, ganz schlechten Tag.

Perfume Genius - Topic

Hank Williams Jr. – Rich White Honky Blues

Der Sohn des Country-Giganten Hank Williams pflegt seinen schlechten Ruf mit einem ausgezeichneten neuen Album: Rich White Honky Tonk. Der 73-jährige Hank Williams Jr. spielt lebenserfahrenen Juke-Joint-Blues und Honky-Tonk-Country. In einer Mischung aus Weltekel und Selbstverachtung greint er durch die Songs, als müsse er einen Haufen Trucker davon überzeugen, ihre Kreuzschlüssel nicht in seine Richtung zu werfen. Simple Geschichten, einfache Musik, aber mit der Überzeugung eines ebensolchen Täters abgeliefert. Dreckig und unten. Darauf einen Whiskey. Oder zwei. (Karl Fluch, 21.6.2022)

Easy Eye Sound