Ein millionenschweres Projekt für eine künstliche stehende Welle nahe der Murinsel ist zuletzt gescheitert: Nun wird eine billigere und ökologischere Alternative geprüft.

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Das Rendering sah beeindruckend aus. Im Rahmen der Aufwertung der Mur zum zugänglichen Naherholungsgebiet sollte mitten in der Grazer Innenstadt bei der Murinsel eine Surf- und Kajakwelle mit Wildwasserbereich entstehen. Die Pläne stellte im April 2019 die damalige schwarz-blaue Stadtregierung unter Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) vor. Mithilfe noch zu bauender Betonrinnen sollte konstantes Riversurfen unweit des markanten Schlossbergs ermöglicht werden. Für das Vorhaben mit der bis zu zwei Meter hohen surfbaren Welle waren 1,7 Millionen Euro veranschlagt.

Ein Rendering des ursprünglich geplanten Projekts.
Foto: Kratzer & Partner ZT GmbH

Mit dem Regierungswechsel in Graz im Herbst 2021 hin zu einer Koalition aus KPÖ, Grünen und SPÖ verschwand aber auch das prestigeträchtige Wellenprojekt von der Agenda. Nachdem die geschätzten Kosten auf rund 3,5 Millionen Euro angewachsen waren, wurde es vonseiten der Stadtpolitik praktisch abgeblasen. Die Rechnung wurde aber ohne eine Handvoll Surferinnen und Surfer gemacht: Die stiegen – ganz ohne Welle – mit ihren Neoprenanzügen mitten im Winter in die eiskalte Mur, protestierten gegen die Absage und sammelten mehr als 2.300 Unterschriften.

Die kleine Surfer-Gemeinschaft rund um den Verein Murbreak verwies dabei auch auf ein Versprechen der (einstigen) Stadtpolitik: Schließlich wurde ihnen die künstliche Welle als Ersatz für natürliche stehende Flusswellen zugesagt. Diese hatten sich bei Hochwasser und anderen für diese Fälle günstigen Bedingungen temporär bei der Hauptbrücke und vor allem bei der Radetzkybrücke gebildet. Mit dem Bau des Murkraftwerks Puntigam änderte sich 2017 aber auch die Fließgeschwindigkeit der Mur. Die Wellen verschwanden, die Surfer gingen quasi baden.

Auf der Mur mitten in Graz konnte temporär etwa bei Hochwasser gesurft werden. Diese Flusswellen waren Könnern vorbehalten. Mit dem Bau des Murkraftwerks Puntigam verschwanden aber die Wellen.
Foto: Elmar Gubisch

Es baut sich etwas auf

Nun aber baut sich im Hintergrund doch wieder etwas auf. "Es läuft etwas", sagt Surfer Paul Sorger von Murbreak, ohne in Details gehen zu wollen. Das habe man mit der Stadtpolitik so vereinbart. Die zuständige Vizebürgermeisterin Judith Schwentner von den Grünen hatte nach den Protesten eingewilligt, eine Surfwelle nach ökologischen Kriterien neu zu prüfen. Denn neben den Millionenkosten für das bisherige Projekt waren der Grazer Stadtpolitik auch die geplanten Betonrinnen für die künstliche Welle ein Dorn im Auge. Im Büro der für Grünraum und Gewässer zuständigen Stadträtin Schwentner wird dem STANDARD bestätigt, dass zuletzt "mehrere Alternativen und Standorte" für ein Wellenprojekt geprüft wurden. Ein Standort – ebenfalls in der Innenstadt – habe sich dabei herauskristallisiert.

Details will man erst nach einer weitergehenden Prüfung verraten. Es handle sich aber "um eine umweltfreundlichere Lösung als die mit viel Beton in der Mur", sagt eine Sprecherin Schwentners. Das Ergebnis soll in wenigen Wochen präsentiert werden. Aus dem Büro Schwentners heißt es zuversichtlich: "Es wird wieder eine Welle in der Stadt geben."

Bei der Vorgeschichte rund um das Vorhaben ist aber zumindest noch vorsichtige Skepsis angebracht. Hinter vorgehaltener Hand ist zu hören, dass das neue Projekt "finanziell in einer ganz anderen Liga spielt" – also deutlich günstiger geplant wird. Zudem soll es "ein paar Abstriche" bei der Breite und der Höhe der Welle im Vergleich mit dem abgesagten Millionenprojekt geben.

Geplante Welle in Innsbruck floppt

Surfen auf stehenden Wellen gewinnt im Binnenland Österreich an Popularität. Dort lässt sich im Vergleich zu Wellen im Meer theoretisch auch minutenlang surfen. Einschränkung: wenn man es kann. Wenn viel Wasser in Flüssen in kurzer Zeit über einen größeren Höhenunterschied donnert und der Untergrund passt, kann in den Fluten eine natürliche stehende Welle entstehen. Weil sich Wasser und Untergrund im Jahresverlauf aber stark ändern können, entstehen surfbare Flusswellen meist nur temporär. Diese sind freilich Surf-Aficionados vorbehalten. Immer wieder gibt es daher Initiativen, mit baulichen Maßnahmen nachzuhelfen und konstante, möglichst sichere Wellen zu planen. Diese Versuche gehen manchmal gut und manchmal weniger gut aus.

Grandios gescheitert ist etwa die bei Innsbruck geplante stehende Flusswelle bei der Sillmündung. Vor zehn Jahren wurde die Anlage fertiggestellt, für Surfer freigegeben wurde sie nie. Der Verein Surf'Inn hat die Hoffnung auf eine Surfwelle für Innsbruck aber noch nicht aufgegeben.

Die Welle in Ebensee läuft

Der Ebenseer Max Neuböck hat hingegen am Rande seiner Heimatstadt das private Projekt The Riverwave in der Traun erfolgreich umgesetzt. Es ist die nach Eigenangaben größte künstliche stehende Surfwelle Europas. Seit dem Frühjahr 2020 lässt sich hier mit Ticket eine zehn Meter breite und bis zu 1,5 Meter hohe Welle absurfen. "Es ist mehr los, als ich mir gedacht habe", sagt Neuböck. Er schätzt, dass seit der Eröffnung 4.000 verschiedene Surferinnen und Surfer hier waren. Rund 280 Betriebstage im Jahr gibt es, am meisten los ist in den Sommermonaten. Gesurft wird aber auch, wenn ringsum noch Schnee liegt – und die Welle läuft.

Bei Ebensee befindet sich die wohl größte künstliche stehende Surfwelle Europas. Sie ist zehn Meter breit und bis zu 1,5 Meter hoch.
Foto: Andreas Danzer

Wellenreiter finden sich seit 2010 aber auch im Salzburger Almkanal: Die etwa 4,5 Meter breite Welle wird von der Stadt Salzburg finanziert und ist kostenlos zugänglich. Auf einer künstlichen, durch Pumpen erzeugten Welle in einem Pool geht es in den Sommermonaten auch in der City Wave in der Shopping City Süd (SCS) nahe Wien rund.

Die künstliche City Wave in der SCS.
Foto: City Wave

Die Grazer Hoffnung auf eine funktionierende stehende Welle in der Stadt nährt sich auch aus der jüngsten Entwicklung: Die Mur rückt mit Projekten wie der Augartenbucht als Lebensraum etwas näher ins Zentrum. Was in Graz im Wasser bereits alles möglich ist, zeigen auch die River Days vom 1. bis 10. Juli: Als kostenpflichtige Mitmachangebote stehen etwa Stand-up-Paddeln (SUP), Kajak- und Kanufahren, sanftes River-Rafting oder Yoga auf SUP-Brettern auf dem Programm. Dazu kommt eine internationale Ruderregatta im Achter, die Staatsmeisterschaft der Kanuten oder verschiedene Rennen im Drachenboot oder auf SUP-Boards. (David Krutzler, 21.6.2022)