Bennetts Regierungsbündnis ist seit einem Jahr im Amt und wackelt schon seit längerem.

Jerusalem – Israel steht nach Angaben aus Regierungskreisen wieder vor Neuwahlen. Ministerpräsident Naftali Bennett und Außenminister Jair Lapid teilten am Montag mit, kommende Woche einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Auflösung des Parlaments einzubringen. Alle "Versuche zur Stabilisierung der Koalition" seien "ausgeschöpft" worden, hieß es weiter.

In der kommenden Woche wolle die Koalition die Knesset über das Vorhaben abstimmen lassen, sagte Ministerpräsident Naftali Bennett am Montagabend bei einer Pressekonferenz. Bis zur Vereidigung einer neuen Regierung soll demnach der aktuelle Außenminister Jair Lapid stellvertretend das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen. Die Wahl könnten Medienberichten zufolge Ende Oktober stattfinden. Es wäre die fünfte innerhalb von dreieinhalb Jahren.

Wacklige Koalition

Als Hauptgrund für die Entscheidung nannte Bennett das Scheitern einer Abstimmung im Parlament über die weitere Anwendung von israelischem Recht auf israelische Siedler in den besetzten Palästinensergebieten. Die Acht-Parteien-Koalition war nicht in der Lage, eine Mehrheit für die Abstimmung zu sichern.

Bennetts Regierungsbündnis wackelt schon seit längerem. Im April hatte die Viel-Parteien-Koalition ihre hauchdünne Mehrheit von 61 von 120 Sitzen verloren, weil eine Abgeordnete das Bündnis verlassen hatte. Vor einer Woche erklärte ein weiteres Mitglied von Bennetts ultrarechter Jamina-Partei seinen Austritt aus der Koalition. Damit wäre Bennetts Koalition in einer Minderheit von 59 zu 61 Sitzen in der Knesset. Die Opposition um Ex-Premiermister Benjamin Netanyahu forderte Bennetts Rücktritt.

Vereint gegen Netanjahu

Das Regierungsbündnis war im Juni 2021 aus weit rechts stehenden Parteien, der Mitte, der Linken und einer arabischen Fraktion geschmiedet worden. Sie einte insbesondere der Wunsch, Benjamin Netanjahu vom rechten Likud-Block nach zwölf Jahren als Ministerpräsident abzulösen. Die ursprüngliche Mehrheit in der Knesset betrug eine Stimme, im Mai verfügten dann Regierung und Opposition über gleich viele Mandate. Entsprechend der Koalitionsvereinbarung wurde zunächst der Nationalkonservative Bennett Ministerpräsident. Eigentlich sollte er erst nach der Hälfte der Amtszeit im Sommer 2023 von Lapid von der liberalen Partei Jesch Atid abgelöst werden. (APA, Reuters, 20.6.2022)