Der 65-jährige Gerhard Jelinek tritt seine neue Funktion am 1. Juli an.

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Die Spekulationen haben sich bestätigt: Der 2021 pensionierte Ex-Präsident des Oberlandesgerichtes Wien, Gerhard Jelinek, wird neuer Wiener Pflege-und Patientenanwalt. Das teilte das Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) am Dienstag in einer Aussendung mit. Jelinek folgt in dieser Funktion auf Sigrid Pilz, deren Vertrag nicht verlängert wurde. Der 65-Jährige wird sein Amt am 1. Juli antreten. Die Funktionsperiode dauert fünf Jahre. Am Donnerstag wird Jelinek zum ersten Mal persönlich vor die Presse treten.

"Gerhard Jelinek hat sich für die Leitung der Pflege- Patientinnen und Patientenanwaltschaft in einem mehrstufigen Hearingverfahren durchgesetzt, zu dem sich 24 Bewerberinnen und Bewerber mit höchst unterschiedlicher Qualifikation beworben haben. Ich freue mich sehr, dass mit Dr. Gerhard Jelinek ein sehr erfahrener Richter für diese wichtige Aufgabe zur Verfügung steht. Ich bin überzeugt, dass er die Rechte und Interessen von Personen in allen Angelegenheiten des Gesundheitswesens und Pflegebereichs in Wien bestens vertreten wird und gegebenenfalls auch durchsetzen kann", sagte Hacker.

"Ich bin überzeugt, dass Gerhard Jelinek, nicht zuletzt aufgrund seiner unerschöpflichen Erfahrung als Jurist, Richter und schlussendlich als Präsident des Oberlandesgerichts, diese Aufgabe ganz im Sinne des Gesetzgebers, weisungsfrei, ungebunden, parteiunabhängig und einzig den Interessen und Sorgen der Pflegebedürftigen sowie der Patientinnen und Patienten verpflichtet, erfüllen wird. Ich freue mich jedenfalls sehr auf die Zusammenarbeit mit ihm", betonte der Gesundheitsstadtrat.

Hacker dankte Pilz

Der neue Pflege- und Patientenanwalt löst Sigrid Pilz ab, die diese Funktion zehn Jahre lang ausgeübt hat. Hacker bedankte sich bei ihr für "ihr unermüdliches Engagement für die Anliegen der Patientinnen und Patienten oder deren Angehörigen im Pflege- wie Gesundheitsbereich". Pilz habe niemals davor zurückgescheut, auf Mängel oder Missstände im Pflege- oder Gesundheitswesen hinzuweisen. "Viele ihrer Empfehlungen oder Anregungen führten dazu, die Unterbringung oder Versorgung sowie die Behandlung von Patientinnen und Patienten zu verbessern", würdigte Hacker die scheidende Patientenanwältin.

Sigrid Pilz leitet die die Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft fünf Jahre lang.
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Die ehemalige grüne Gemeinderätin selbst hatte sich, wie berichtet, wenig erfreut über ihre Ablöse gezeigt. Sie werde nach zwei Amtsperioden nicht erneut bestellt, twitterte sie am Montag. "Schade! Dafür hätte ich mich gerne weiter eingesetzt: starke Patientenrechte, mehr Schutz in der Pandemie, Solidarität & Qualität im Gesundheitswesen", teilte Pilz mit.

Neue Aufgaben für Jelinek

Die Pflege- und Patientenanwaltschaft behandelt unter anderem Beschwerden von Patientinnen und Patienten bzw. deren Angehörigen in allen Angelegenheiten des Gesundheitswesens und des Pflegebereichs in Wien. Außerdem soll sie Mängel oder Missstände vor allem im Rahmen der Unterbringung, der Versorgung, der Betreuung sowie der Heilbehandlung aufklären.

Die Patientenanwältin bzw. der Patientenanwalt agiert unabhängig und weisungsfrei. Voraussetzung für die Position ist unter anderem die Absolvierung eines rechtswissenschaftlichen, medizinischen oder sonst einschlägigen Studiums.

Ärztekammer erfreut

Wohlwollend auf Jelineks Bestellung reagierte neben Hacker auch ein anderes, künftig für ihn wichtiges Gegenüber: die Wiener Ärztekammer. "Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Gerhard Jelinek, einem ausgewiesenen Experten und hoch angesehenen Juristen", ließ Präsident Johannes Steinhart wissen.

Vorschusslorbeeren und Skepsis gab es aus der Opposition. Die FPÖ sieht den neuen Patientenanwalt "grundsätzlich positiv", er sei im Unterschied zu Pilz für den Job "fachlich qualifiziert". Genau das zweifeln die Grünen an: Dass ein Jurist mit dem Schwerpunkt Insolvenzrecht mehr zähle als profunde Kenntnisse im Gesundheitswesen, sei "mehr als verwunderlich", teilten sie mit. (APA, red, 21.6.2022)