Die SDS-Partei des im April abgewählten rechtskonservativen Premiers Janez Janša (hier im Bild), der vorgeworfen wird, sich politischen Einfluss im RTV verschafft zu haben, versucht, die Geschäftsführung und den Programmrat mit allen Mitteln zu schützen.

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Ljubljana – Die Situation beim slowenischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk RTV Slovenija, wo die Journalisten redaktionelle und institutionelle Autonomie sowie eine Entpolitisierung des Rundfunks fordern, spitzt sich zu. Am Montag wurde erneut gestreikt, anders als beim ersten Warnstreik im Mai wurde diesmal auch das Programm beeinflusst. Die RTV-Führung hat die Nachrichtensendungen im Fernsehen drastisch gekürzt, was die Streikenden als Zensur bezeichneten.

Die Journalisten werfen der Geschäftsführung vor, ihre Streikaktivitäten zu behindern, indem am Montag der Generaldirektor Andrej Grah Whatmough und die TV-Chefredakteurin Jadranka Rebernik überraschend in die wichtigsten Nachrichtensendungen eingegriffen haben. Die beiden abendlichen Nachrichtensendungen wurden auf lediglich fünf Minuten ohne Moderation gekürzt, wobei sie in der Regel 20 bzw. 30 Minuten dauern. Die Magazinsendung "Tednik", für die bereits Beiträge über die Streikforderungen vorbereitet und angekündigt wurden, wurde kurzerhand und ohne Erklärung aus dem Programm gestrichen, wie Medien berichteten.

"Schlimmste Form des Eingreifens in journalistische Arbeit"

Die Journalisten erlebten am Streiktag die "schlimmste Form des Eingreifens in ihre journalistische Arbeit, nämlich die Zensur", sagte die TV-Journalistin und Gewerkschaftskoordinatorin Helena Milinkovic am Montagabend bei einer Protestkundgebung vor dem Parlament. "Der Generaldirektor und die TV-Chefredakteurin vertrauen uns nicht, sie disqualifizieren uns stets", kritisierte sie. Bei dem ersten Streik im Mai wurde das Nachrichtenprogramm nicht beeinflusst, in allen Sendungen stand aber die Berichterstattung über die Streikgründe und die Rolle des öffentlichen Rundfunks im Vordergrund.

Igor E. Bergant, Moderator der Abendnachrichtensendung "Odmevi" (Echo), des slowenischen "ZiB2"-Pendants, erklärte auf Twitter, dass die Sendung nicht wegen der streikenden Journalisten, sondern wegen der Entscheidung der Geschäftsführung ausgefallen war. "Unsere Absicht für heute Abend war es, trotz Streik eine aktuelle, ausführliche und tiefgreifende Sendung mit unterschiedlichen Themen zu erstellen", twitterte er am Montagabend und warf der RTV-Führung vor, Programmschaden angerichtet zu haben.

Gesetzgeber soll handeln

Der Kampf der RTV-Journalisten wurde bei der Kundgebung vor dem Parlament, bei der sich mehrere hundert Menschen versammelten, von Dutzenden Rednern unterstützt. Unter anderem wurde der Gesetzgeber aufgerufen, umgehend zu handeln, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu erhalten. Um die Situation zu lösen, brauche es ein modernes Gesetz, das unabhängige Journalistenarbeit ermöglichen werde, hieß es.

Die neue Mitte-Links-Regierung unterstützt die Bemühungen zur Entpolitisierung des Rundfunks. Die Koalitionsparteien haben entsprechende Gesetzesänderungen bereits in die Wege geleitet. Premier Robert Golob hofft, spätestens bis Ende des Jahres die Situation zu lösen, sagte er am Montag mit Blick auf heftigen Widerstand der Opposition. Die SDS-Partei des im April abgewählten rechtskonservativen Premiers Janez Janša, der vorgeworfen wird, sich politischen Einfluss im RTV verschafft zu haben, versucht, die Geschäftsführung und den Programmrat mit allen Mitteln zu schützen.

RTV-Journalisten beim Fernsehen und dem Onlineportal beschweren sich über politischen Druck und werfen der Führung politische Voreingenommenheit zugunsten der SDS vor. Nach einer Reihe von umstrittenen Änderungen bei Personal und Programm, etwa die Streichung mehrerer Politiksendungen, sorgt nun die angekündigte Kürzung des Korrespondentennetzes im Ausland für Aufregung. Dabei sollen Korrespondentenposten in Rom, Berlin und Moskau abgeschafft werden. (APA, 21.6.2022)