Auf der Suche nach Alternativen für erdölbasiertes Plastik könnte die Zweitverwertung von Biomasse wie Hackschnitzeln und anderen Holzabfällen künftig eine wichtige Rolle spielen.

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Plastik ist einer der großen Problemstoffe unserer Zeit. Davon zeugen riesige Plastikinseln im Meer ebenso wie beinahe allgegenwärtiges Mikroplastik: Im Kampf gegen erdölbasiertes Plastik wurde das EU-weite Projekt Bionanopolys ins Leben gerufen. Ziel des Projekts ist es, unterschiedliche Bakterien so zu optimieren, dass sie Bioplastik oder zumindest die Bausteine dafür herstellen. Dafür werden die Bestandteile von Biomasse so genutzt, dass Biopolymere aufgebaut werden können.

Bausteine der Biopolymere sind unter anderem Milchsäure und Polyhydroxybuttersäure (PHB). Diese können für Kleiderbeschichtungen und Lebensmittelverpackungen verwendet, aber auch in der Pharma- oder Kosmetikbranche genutzt werden. Zu den Partnern des internationalen Projekts zählt das Austrian Centre of Industrial Biotechnology (Acib), eine Non-Profit-Organisation, die im Eigentum der Universitäten Innsbruck und Graz, der TU Graz, der Universität für Bodenkultur Wien sowie von Joanneum Research steht.

Gefördert wird das Forschungszentrum Acib im Rahmen des Comet-Programms unter anderem vom Klimaschutz- und Wissenschaftsministerium. Abgewickelt wird dieses Programm durch die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG).

Hackschnitzel und Zucker

Federführend an Bionanopolys beteiligt ist ein Forschungsteam rund um Harald Pichler vom Institut für Molekulare Biotechnologie der TU Graz. In einem ersten Schritt muss die Biomasse, meist Holzhackschnitzel und diverse Holzabfälle, durch Hitze, Druck und anschließend enzymatisch aufgespalten werden. So erhält man am Ende der Aufarbeitung und nach einem finalen Filtrationsschritt eine wässrige Lösung, die hauptsächlich Glukose und Xylose (Holzzucker) enthält. "Diese Zuckerlösung, das sogenannte Hydrolysat, wird von uns dann an das Bakterium Cupriavidus necator verfüttert", sagt TU-Graz-Projektmitarbeiterin Petra Heidinger.

Dieser Bakterienstamm ist sehr vielseitig und robust. Unter optimalen Bedingungen kann PHB 80 bis 90 Prozent des Zellgewichts des Bakteriums ausmachen. Dieses PHB stellt selbst bereits Bioplastik dar, welches in der Zelle in kleinen Kügelchen, auch Granula genannt, vorliegt. Es muss anschließend nur aus den Zellen isoliert werden. Reines PHB ist relativ spröde und muss zur Verbesserung der Polymereigenschaften mit weiteren Polymeren gemischt werden.

In dem aus Holzabfällen gewonnenen Hydrolysat sind nicht nur die benötigten Zucker, sondern auch Begleitstoffe enthalten, die das Bakterium schädigen können. Um es dem verwendeten Bakterienstamm Cupriavidus necator dennoch zu ermöglichen, das Hydrolysat als Nährstoffquelle zu verwenden, fanden Adaptionsversuche statt.

Bakterien abhärten

Der Stoff Vanillin ist für die Mikroorganismen schädlich, daher wurden die Bakterien optimiert, um ihre Vanillin-Verträglichkeit zu fördern. Cupriavidus necator wächst robust, verdoppelt sich in etwa alle vier Stunden, und durch eine stetige Erhöhung der Dosis ist Vanillin nach 100 Stunden Anpassungszeit kein Problem mehr für den Metabolismus der Bakterien.

Derzeit kommt das Holzmaterial aus Deutschland und wird dann in weiterer Folge in den Niederlanden aufgespaltet. Am Institut für Biotechnologie und Bioprozesstechnik der TU Graz rund um Regina Kratzer wird das Hydrolysat (Zuckerlösung) hergestellt, welches den Bakterien als Nahrung dient. Die Idee ist, die Reststoffströme europaweit zu nutzen, um daraus neue Kunststoffe herzustellen.

"Biopolymere können mithilfe natürlich vorkommender Enzymsysteme problemlos und rückstandsfrei abgebaut werden", sagt Benjamin Krammer, Projektmitarbeiter der TU Graz. Etwa drei Monate dauert es, bis sich typische PHB-Folien auflösen. Das Bionanopolys-Plastik ist für den menschlichen Körper unverdaulich und unschädlich.

Das Bioplastik ist noch etwa fünfmal so teuer wie erdölbasiertes Plastik. Doch die Kosten für Rohöl schnellen nach oben, und die Nachfrage nach Biopolymeren steigt stetig. Zu guter Letzt besteht auch die Möglichkeit, Cupriavidus necator so anzuzüchten, dass Kohlendioxid als einzige Kohlenstoffquelle verwendet wird und somit unter Verbrauch von klimaschädlichem CO2 wertvolles Bioplastik entsteht. (Karin Grabner, 25.6.2022)