Foto: Fluch

Der Plattenspieler steht schon da. Es ist ein gelbes Plastikteil, tragbar, bei dem im Deckel der Lautsprecher eingebaut ist. Könnte von Donauland sein, zirka 1976. Die Party kann also jederzeit beginnen. Daneben sitzt Rudi Klein und schaut und raucht und sagt Sachen wie "schreib halt irgendwas".

Laut Wikipedia ist er jetzt im Ruhestand. Aber natürlich lügt die allwissende Müllhalde. Rudi Klein hat zu tun, dabei wohnt ihm durchaus eine Neigung zum Faulsein inne.

Der Cartoonist und Zeichner ist für seine formschönen Illustrationen für jedes halbwegs taugliche Periodikum im deutschsprachigen Raum bekannt; via Standard beschert er dem Publikum die An- und Einsichten des Lochgotts zu aktuellen Themen. Zudem besitzt er ein Sensorium für Fundstücke, die er neu kontextualisiert, wie die Kunstfuzzis sagen. "Leicht verdientes Zeichnergeld", kann das bei ihm heißen. Das zeigt jene Perfidie, die seinen Humor durchzieht: Eine Renitenz, die sich gegen das Dumme und Unmenschliche richtet.

Horten ja, aber nicht Horten-mäßig

Jetzt also Ruhestand. Ungeachtet dessen lädt er am Freitag in die "Kunsthalle K". Dort werkt er seit 14 Jahren, ab 16 Uhr öffnet er die Tür zu seinem – wie nennt man das? – seinem Refugium in der Favoritenstraße 1 an der Ecke zur Gusshausstraße. In einem ehemaligen Maßhemdengeschäft hortet er Zeug. Nicht Messie-mäßig, sondern weitgehend übersichtlich. Und nicht im Horten-Heidi-Sinn.

Es sind Seltsamkeiten des Alltags, die er dort zusammengetragen hat, mehr oder weniger säuberlich sortiert. Zum Beispiel eine Sammlung gelber Feuerzeuge, die er einmal als Trotzreaktion auf irgendetwas begonnen hat, die aber von ein paar ebenfalls gelben Uhu-Sticks sabotiert sind. Oder Figuren.

Das können Werbegeschenke sein oder Absonderlichkeiten, die er auf Flohmärkten ersteht und die im Einzugsgebiet seines Humors eine neue Bedeutung bekommen. Neben dieser nennen wir es großkotzig Dauerausstellung, gibt es heute einen akuten Anlass. Es wird Stefanie Brottragers Schriftzug "eröffnet". Von der Sprachkünstlerin stammt die neue Schrift über Kleins Kunsthalle – er lautet: KLEINSCHREIBUNG – in Großbuchstaben, logisch. Mit ihr gemeinsam hat er einige Werke geschaffen.

Trottelstudium

Trendiger Tand wie NFTs (Nur Für Trottel) ist nicht dabei, Klein ist ein Mann des Haptischen. Davon gibt es reichlich: große Kleins, kleine Kleins, Kleins in allen Preislagen. Auf Leinwand oder hübsch gerahmt, denn selbst wenn er mit der Faulheit kokettiert, arbeiten tut der Mann viel und exakt.

Ob er eigentlich irgendeine Form traditioneller Ausbildung gemacht hat? "Nein", sagt er mit einem Anflug von Abscheu. Jus hat er aber fast fertig studiert, aber auch nur, "weil es so ein Trottelstudium ist". (Karl Fluch, 24.6.2022)