Am Freitag wurden 83.376 PCR-Tests in ganz Österreich ausgewertet. Davon waren knapp mehr als zehn Prozent positiv. Betroffene müssen in Isolation, Kontaktpersonen in Quarantäne.

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Knapp 9.000 Neuinfektionen wurden am Freitag in Österreich registriert. Im Wochenvergleich bedeutet das eine Zunahme der Fallzahlen um rund 80 Prozent. Und derzeit gibt es keine Anzeichen dafür, dass der Anstieg der positiven Fälle in der Sommerwelle nicht weiter fortgesetzt wird. Dabei dürfte die tägliche Zahl der neuen Corona-Fälle die Realität aktuell nur bedingt widerspiegeln.

Denn seit der Limitierung der Tests wird derzeit viel weniger getestet: Am Freitag wurden rund 83.000 PCR-Tests registriert, im Frühjahr waren es teilweise mehr als eine halbe Million. Aktuell ist auch die Testpositivrate hoch: In Niederösterreich etwa ist im Wochenschnitt schon fast jeder dritte abgegebene Test positiv. Das kann etwa bedeuten, dass sich viele testen lassen, die schon typische Symptome verspüren. In Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Kärnten fällt aktuell rund jeder vierte abgegebene Test positiv aus.

Der Anstieg der Fallzahlen führt auch dazu, dass immer mehr Personen abgesondert werden müssen. Am Freitag gab es knapp mehr als 80.000 aktiv Infizierte. Rechnet man die Personen in Quarantäne dazu, befinden sich derzeit 98.955 Menschen in Absonderung, wie das Gesundheitsministerium auf Anfrage des STANDARD mitteilte. Das führt auch wieder vermehrt zu Arbeitsausfällen.

Experte Gartlehner für Strategieänderung

Der Epidemiologe Gerald Gartlehner von der Donau-Uni Krems spricht sich daher für eine Strategieänderung aus: Diese beinhaltet ein Ende der Isolationspflicht für aktiv Infizierte sowie der Quarantäne für Kontaktpersonen. "BA.5 ist noch infektiöser. Da ist der Schaden oft schon angerichtet, bevor die Betroffenen in Quarantäne geschickt werden können", sagt Gartlehner dem STANDARD. "Je infektiöser es wird, desto weniger bringt die Absonderung."

Die Frühjahrswelle habe gezeigt, dass mit zehntausenden Infektionen pro Tag Isolation und Quarantäne nicht mehr funktionieren. Diese hätten auch mit Schul- und Kindergartensperren zu zahlreichen negativen gesellschaftlichen Auswirkungen geführt. Diese gelte es nun zu verhindern. Am Höhepunkt der Omikron-Welle im März befanden sich übrigens laut Ministerium zwischen 500.000 und 600.000 Personen in Absonderung.

Laut Gartlehner sollte es für positiv Getestete nur noch die Empfehlung geben, zu Hause zu bleiben, sofern sie sich krank fühlen. Mit einer Ausnahme: Auch symptomlos Infizierte sollten nichts in vulnerablen Settings wie Spitälern und Heimen zu tun haben. Aber auch hier könne unterschieden werden, ob medizinisches Personal auf der Internen, der Onkologie oder auf der Dermatologie beschäftigt sei.

Stärkerer Fokus auf Risikogruppen

Es brauche überhaupt einen viel stärkeren Fokus auf die Risikogruppen: Diese müssten mit Kampagnen zum Impfen und auch zum regelmäßigen Testen gebracht werden. Dann könnte im Fall eines positiven Tests auch zeitnah das Medikament Paxlovid gegeben werden, sagte Gartlehner. Schaffe man es, hier Sensibilität zu erzeugen, könne das auch die Normalstationen vor einer möglichen Belastung schützen.

Im Intensivbereich ist die Situation entspannt, auch wenn Experten ebenfalls mit einem Anstieg rechnen. Am Freitag benötigten 42 Personen ein Intensivbett – davon genau die Hälfte in Wien. In allen anderen Bundesländern sind die Werte niedrig einstellig, in Salzburg gibt es seit zwei Wochen keinen Fall.

Gesundheitsministerium gegen Ende der Absonderung

Das Gesundheitsministerium spricht sich gegen ein Ende der Absonderung von positiven Fällen sowie von Kontaktpersonen aus. "Aktuell ist keine Abschaffung geplant", heißt es auf Nachfrage des STANDARD. Das Ministerium sei aber international im Austausch und erarbeite Szenarien für den weiteren Verlauf der Pandemie. Absonderungs- und Quarantäneregeln seien insbesondere von der Infektiosität und von der Schwere der Erkrankung der jeweiligen Virusvariante abhängig.

Auch Walter Hasibeder, Präsident der Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI), ist gegen ein Ende von Absonderungs- und Quarantäneregeln. "Wer positiv getestet ist, soll daheim bleiben." (David Krutzler, 24.6.2022)