Vor der idyllischen bayerischen Alpenkulisse beschworen US-Präsident Joe Biden und der deutsche Kanzler Olaf Scholz die Geschlossenheit des Westens.

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Es lief am Sonntagmittag für Olaf Scholz so gut wie erhofft. Der deutsche Kanzler konnte zum Beginn des G7-Gipfels die Staats- und Regierungschefs im bayerischen Schlosshotel Elmau nicht nur bei Sonnenschein empfangen. Der wichtigste Gast lächelte freundlich, griff demonstrativ nach dem Arm des Gastgebers und war auch noch voll des Lobes.

"Wir müssen zusammenhalten", sagte Joe Biden. Putin habe damit gerechnet, dass die G7-Staaten und die Nato gespalten würden. Das sei nicht geschehen und werde auch nicht geschehen. "Es gibt viel zu tun", meinte der US-Präsident mit Blick auf den Gipfel, der bis Dienstag dauern wird und am selben Ort stattfindet wie der G7-Gipfel 2015, als Deutschland in der Gruppe der wirtschaftsstärksten westlichen Industrieländer den Vorsitz hatte.

Lob von Boris Johnson

Zuspruch bekam Scholz, der erstmals Gastgeber bei einem G7-Gipfel ist, auch noch vom britischen Premier Boris Johnson. Dieser erklärte: "Ich hätte nie im Leben geglaubt, dass ein deutscher Bundeskanzler sich so engagieren würde." Scholz habe nicht nur Waffen geschickt, sondern auch – trotz der großen Abhängigkeit der Deutschen vom russischen Gas – eine harte Linie gegenüber Moskau eingeschlagen. Jetzt müssten die Deutschen sich nach alternativen Energiequellen umschauen. Johnson: "Aber sie tun es. Sie geben sich Mühe. Sie bringen das Opfer." Für Biden ist es der erste Besuch in Deutschland seit seinem Amtsantritt. Und noch eine Premiere war auf dem roten Teppich beim Schlosshotel mitzuverfolgen: Scholz begrüßte die Staats- und Regierungschefs erstmals gemeinsam mit seiner Ehefrau, Britta Ernst.

Nachdem für die ersten Auftaktbilder gesorgt war, ging es in die erste Arbeitssitzung, die Themen waren Energiekrise und Inflation. "Alle G7-Staaten sind besorgt über die Krisen, die wir gegenwärtig zu bewältigen haben", sagte Scholz. In einigen Ländern gebe es sinkende Wachstumsraten, steigende Inflation, Rohstoffknappheit und Störungen der Lieferketten.

Da zeige sich, dass in internationalen Beziehungen vor allem eines wichtig sei: "Gute Partnerschaften, enge Kooperationen und dass miteinander gesprochen wird."

Eine Ankündigung hatte Biden, der vor Beginn des Gipfels die Messe besuchte, schon zu machen: Die G7-Staaten wollen ein Importverbot für russisches Gold verkünden. Damit würden Russland dutzende Milliarden Dollar Einnahmen aus diesem wichtigen Exportgut wegbrechen, teilte Biden auf Twitter mit. "Die Vereinigten Staaten haben Putin beispiellose Kosten aufgebürdet, um ihm die Einnahmen zu entziehen, die er zur Finanzierung seines Krieges gegen die Ukraine benötigt."

Isoliert von der Wirtschaft

Ein hochrangiger US-Regierungsmitarbeiter sagte am Sonntag in einer Telefonschaltung mit Journalisten, die G7-Staaten würden den Importstopp offiziell am Dienstag verkünden, dem letzten Tag des Gipfels auf Schloss Elmau. "Damit wird Russland weiter von der Weltwirtschaft isoliert." Gold sei für Russland nach Energie das zweitwichtigste Exportgut. Weiterer Unbill für Russland nähert sich in Form einer Frist: Sonntag um Mitternacht lief eine Frist zur Zahlung von 100 Millionen Dollar an Zinsen für zwei Staatsanleihen aus, die in Dollar und Euro gegeben wurden.

Während die G7-Gäste oben am Schloss tagten, wurde unten im Tal der Widerstand gegen den Gipfel selbst, aber auch gegen die Politik der G7-Staaten organisiert. In München fand am Samstag eine Demonstration statt, die aber viel kleiner ausfiel, als von den Organisatorinnen und Organisatoren erwartet. Es kamen nur 5000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer und nicht 20.000, wie sie zunächst gehofft hatten. Am Sonntag, in Garmisch-Partenkirchen, waren laut Polizei dann knapp 1000 Demonstrantinnen und Demonstranten anwesend. Vor sieben Jahren waren es an derselben Stelle 35.000 gewesen.

Organisator Franz Haslbeck räumte ein: "Die Mobilisierungskraft lässt tatsächlich nach. Es ist auf jeden Fall weniger Mobilisierung zu erkennen als vor sieben Jahren." Heute, Montag, werden die Beratungen fortgesetzt, dazu wird auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyi zugeschaltet.

"Marshall-Plan" für Kiew

Schon vor dem Gipfel hatte Scholz eine Art Marshall-Plan zum Wiederaufbau der Ukraine ins Spiel gebracht. Das Land solle Geld erhalten wie Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Scholz hatte aber auch erklärt, dass die internationale Gemeinschaft einen langen Atem brauchen werde.

Es gab für den Gastgeber allerdings nicht nur Freundlichkeiten. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte auf Twitter einen Willkommensgruß für alle G7-Staats- und Regierungschefs mit Foto gepostet. Außer für Scholz, den hatte er "vergessen". (Birgit Baumann aus Garmisch-Partenkirchen, 26.6.2022)