Laut UNODC haben stärkere Hanfdrogen zusammen mit regelmäßigem Konsum zu einem Anstieg von Sucht und psychischen Erkrankungen in Westeuropa geführt.

Foto: REUTERS / STELIOS MISINA

Wien – Der steigende Cannabiskonsum führt laut den Vereinten Nationen zu einer zusätzlichen Belastung von Gesundheitseinrichtungen. In der EU seien aus Hanf gewonnene Drogen die Ursache für rund 30 Prozent der Drogentherapien, heißt es im Jahresbericht des UN-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) in Wien, der am Montag publik wurde. In Afrika und manchen lateinamerikanischen Ländern stehe der größte Teil solcher Therapien im Zusammenhang mit Cannabissucht.

Das immer stärkere Haschisch und Marihuana auf dem Markt hat laut UNODC zusammen mit regelmäßigem Konsum zu einem Anstieg von Sucht und psychischen Erkrankungen in Westeuropa geführt. In Nordamerika werde als Folge der Legalisierung von Cannabis ebenfalls mehr konsumiert – besonders unter jungen Erwachsenen. Ein wachsender Anteil an psychiatrischen Störungen und Selbstmorden stehe dort im Zusammenhang mit regelmäßigem Gebrauch von Cannabis, heißt es in dem Bericht. Auch die Krankenhausaufenthalte nähmen zu. Das UNODC räumt ein, dass durch den legalen Verkauf dieser Drogen Steuereinnahmen gestiegen sind und die Zahl der Verhaftungen wegen Cannabisbesitzes gesunken ist.

UNODC: Weitere Opioid-Epidemie

Die Drogenwächter der Vereinten Nationen weisen auch darauf hin, dass der weitaus größte Schaden in Nordamerika weiterhin von gefährlichen Opioiden angerichtet wird. Zu diesen heroinartigen Substanzen zählt etwa Fentanyl. Nach vorläufigen Schätzungen starben 2021 in den USA rund 108.000 Menschen an einer Überdosis, 17 Prozent mehr als im Jahr davor.

Von einer weiteren "Opioid-Epidemie" durch den Missbrauch des Schmerzmittels Tramadol spricht das UNODC im nördlichen und westlichen Afrika sowie im Mittleren Osten. Es gebe auch Anzeichen für Drogenkonsum von Tramadol in Asien und Europa.

Die UN-Behörde ist auch besorgt, dass andere stärkere Drogen neue Absatzmärkte finden. Beschlagnahmungen deuten demnach darauf hin, dass der Kokainschmuggel sich außerhalb der Hauptabnahmegebiete Nordamerikas und Europas auch in Afrika und Asien ausdehnt. Das ebenfalls aufputschende Methamphetamin sei nicht mehr nur ein Problem in Ost- und Südostasien, sondern auch in Ländern wie Afghanistan und Mexiko.

Aufgelöste Amphetaminlabore in Ukraine

Das UNODC schätzt, dass 284 Millionen Jugendliche und Erwachsene Drogen konsumieren. Damit nahm jeder 18. Mensch im Alter zwischen 15 und 64 Jahren Drogen zu sich. Diese Berechnungen beruhen auf den jüngsten vorliegenden Zahlen aus dem Jahr 2020. Mehr als elf Millionen Menschen injizieren Rauschgift mit Spritzen. Die Hälfte davon ist mit Hepatitis C infiziert, 1,4 Millionen leben mit HIV.

Zudem verwies der Bericht auf eine aktuell politische Komponente: Der Ukraine-Krieg könnte zu einem Anstieg der Produktion von Drogen führen. Konfliktregionen würden wie ein Magnet für die Herstellung synthetischer Drogen wirken. "Dieser Effekt kann größer sein, wenn sich die Konfliktregion in der nähe großer Verbrauchermärkte befindet."

In der Ukraine war in den vergangenen Jahren die Zahl der von den Behörden aufgelösten Drogenlabore zur Herstellung von Amphetaminen laut UNODC stark angestiegen, von 17 im Jahr 2019 auf 79 im Jahr 2020. Das war die höchste Zahl an aufgelösten Amphetaminlaboren weltweit.

UN: Opioide hängen an Afghanistan

Mit Fortdauer des Krieges könnte die Zahl der Drogenlabore weiter zunehmen. "Es gibt keine Polizei, die patrouilliert und Labore stoppt", sagte UNODC-Expertin Angela Me der Nachrichtenagentur AFP mit Blick auf Konfliktgebiete. Allerdings könnte der Ukraine-Krieg dem Bericht zufolge auch dazu führen, dass Drogenschmuggelrouten gestört oder verschoben werden.

Derweil hängt die Entwicklung des Marktes für auf Opium basierende Drogen wie Heroin nach Einschätzung der UN-Experten von der Lage im Krisenstaat Afghanistan ab. Dort wurden im vergangenen Jahr 86 Prozent des Opiums weltweit produziert.

Laut dem UNODC-Bericht könnte die humanitäre Krise in Afghanistan zu einem verstärkten Mohnanbau führen, auch wenn die herrschenden Taliban den Anbau im April untersagt haben. "Änderungen in der Opiumproduktion in Afghanistan werden Auswirkungen auf Opiatmärkte in allen Regionen der Welt haben", heißt es in dem UNODC-Bericht. (APA, wisa, 27.6.2022)