Österreich setzt auf den gemeinsames Einkauf von Gas in der EU. Wann es soweit sein wird, steht noch in den Sternen.


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Gas scheint das neue Gold zu sein, wenn man sich die Preisentwicklung der vergangenen Monate ansieht und ins Kalkül zieht, dass der flüchtige Stoff begehrt ist wie schon lange nicht, von der Verfügbarkeit her aber beschränkt ist. Dies gilt umso mehr, seit Russland, eines der weltweit führenden Gaslieferländer, mittels Gashahn seine Interessen durchzusetzen versucht.

Bereits kurz nach Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine am 24. Februar ist in Brüssel die Idee entstanden, eine Beschaffungsplattform zur Sicherung der Gas-, Verflüssigtes-Erdgas- (LNG) und Wasserstoffversorgung zu schaffen. "Im derzeitigen geopolitischen Kontext" sollte "die Versorgung der EU mit Energie zu erschwinglichen Preisen" gesichert und die Abhängigkeit von russischem Gas "so bald wie möglich" beendet werden. Diese Botschaft wurde nach einem ersten (virtuellen) Treffen von Vertretern der EU-27 am 8. April zu diesem Thema von der EU-Kommission ausgesandt. Zuvor hatten sich die Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel Ende März auf freiwillige gemeinsame Gaseinkäufe verständigt.

Gewessler macht Druck

Ende Juni ist man noch nicht viel weiter. Das hat Österreichs Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) beim Treffen ihrer Ressortkollegen am Montag in Luxemburg veranlasst, mehr Tempo einzufordern. Manche Kenner der EU-Abläufe zweifeln aber daran, dass sich der gemeinsame Einkauf von Gas für diesen Winter noch ausgeht.

"Die Einkaufsplattform ist nicht operativ und kommt für die jetzige Krise zu spät", sagte der frühere Chef der Regulierungsbehörde E-Control, Walter Boltz, dem STANDARD. "Die EU ist eine gute Sache; was sie aber nicht kann, ist, schnell zu agieren." Schon während der Eurokrise seien deswegen "wichtige Dinge außerhalb der EU-Institutionen gemacht worden", erinnert Energieexperte Boltz.

Auch Frage des Preises

Skeptisch sieht auch der Leiter der Abteilung Volkswirtschaft in der E-Control, Johannes Mayer, den Gemeinschaftseinkauf von Gas. Im Wesentlichen gehe es dabei um flexibles LNG, also Mengen von verflüssigtem Erdgas, die noch nicht durch Langfristverträge gebunden und damit theoretisch verfügbar sind. "Es gibt den TTF (niederländischer Gasleitmarkt; Anm.) und dessen Entsprechung in Südostasien. Beide Preise bestimmen, ob flexibles LNG nach Europa kommt oder nicht", sagt Mayer. "Wenn die Preise hier höher sind als in Asien, fahren die Schiffe hierher, sonst nicht."

Das Energieministerium jedenfalls hat das Interesse Österreichs am gemeinschaftlichen Einkauf bekräftigt, Mengen sind bereits angemeldet worden. Sämtliche Einmeldungen sollen zu einem Stichtag X addiert und dann ausgeschrieben werden. Wer den besten Preis bietet, bekommt den Zuschlag.

Günstiger heißt oft langfristig

Zu günstigerem Gas komme man wohl nur über Langfristverträge mit LNG-Lieferanten, vermutet Mayer. Dafür sei die Plattform aber nicht geeignet. "Manchmal ist es so, dass man kleinere Mengen leichter bekommt als ganz große", gibt Mayer außerdem zu bedenken.

(Günther Strobl, 28.6.2022)