Drei Abo-Modelle bietet Sony seit 23. Juni an. Die Qual der Wahl.

Foto: Sony

Am 23. Juni startete der japanische Unterhaltungskonzern Sony drei neue Abo-Modelle für seine Playstation-Kundschaft, die alte Services ersetzen und neue Zielgruppen ansprechen sollen. Speziell die teuerste Mitgliedschaft scheitert aktuell leider daran, ihren Preis wert zu sein. Will Sony etwa gar nicht den Microsoft-Weg gehen und am Ende als App auf Samsung-Fernsehgeräten enden? Es hat fast den Anschein.

Namens-Wirrwarr

Es war ein Aufschrei, als Playstation-Kunden mit der Einführung des Playstation-Plus-Service 2010 plötzlich für Online-Gaming zahlen mussten. Eine Frechheit, die man davor nur von Microsoft und der Xbox kannte. Der Sturm legte sich allerdings schnell, als Sony begann, den Abonnenten monatlich kostenlose Spiele anzubieten und auch sonst der Onlinepräsenz mehr Liebe zu schenken. 45 Millionen Playstation-Plus-Kunden später ändert Sony nicht nur den Namen, sondern bietet gleichzeitig drei Abonnements an. Plus-Kunden werden zu "Essential"-Abonnenten und genießen dieselben Vorteile wie zuvor. Der neue Dienst "Extra" liefert zu den Essential-Vorteilen auch noch eine rund 400 PS4- und PS5-Spiele umfassende Bibliothek.

Mit Premium wird das Angebot noch einmal um rund 340 Games von den Plattformen Playstation 1, Playstation 2, Playstation 3 und Playstation Portable ergänzt. Der PSP-Nachfolger PS Vita und seine Spiele werden im Angebot vorerst ignoriert.

Preislich bewegen wir uns bei der Essential-Variante bei rund 59,99 Euro, wenn man ein Jahresabo abschließt. Extra kostet bei dieser vorausschauenden Investition schon rund 99,99 Euro, Premium 119,99 Euro. Bei kürzeren Abonnements, also für einen oder drei Monate, legt man bei allen Angeboten etwas mehr auf den Tisch.

PlayStation DACH

Das Problem an der Sache

Aber warum schon wieder aufregen? Playstation-Jünger wollten einen Game-Pass-Konkurrenten, und Sony wollte ein wenig frischen Wind in sein Angebot blasen. Eigentlich sollten wir glücklich sein, richtig? Trotzdem will beim Durchblättern des Angebots nicht so recht Euphorie aufkommen. Reden wir zunächst vom Extra-Paket. Sony listet in seiner Pressemitteilung als Leuchtturmspiele Death Stranding, God of War, Marvels’s Spider-Man, Mortal Kombat 11 und Returnal. Gute Spiele, keine Frage, aber wer sich ein wenig für Videospiele interessiert und in den letzten fünf Jahren eine Playstation besessen hat, der hat diese Titel wohl bereits oder will sie ohnehin nicht spielen.

Ansonsten finden sich durchaus nennenswerte Titel im Angebot: Assassin’s Creed Valhalla – immerhin der aktuellste Teil der Serie – sowie Indie-Hits wie Celeste oder Dead Cells. Aber egal ob Sony-eigene Titel oder Games von Drittherstellern, richtig komplett fühlt sich die Liste nicht an. Sieben (!) Vertreter, etwa die Dynasty Warriors-Serie, finden sich von sonst keiner Marke, egal wie groß sie ist. Dafür finden sich zahlreiche Titel, die bestehende Playstation-Kunden zu nicht unwesentlichen Teilen schon via Plus-Service geschenkt bekommen haben.

Sony hat immer davon gesprochen, aktuelle Eigenmarken nicht in den Abo-Service werfen zu wollen. Die Suche nach den zwei Frühjahrshits Horizon: Forbidden West und Gran Turismo 7 bleibt deshalb ergebnislos. Schade, denn alleine diese zwei Titel hätten sogar den Premium-Preis bereits gerechtfertigt. Aber abgesehen vom Fehlen aktueller Titel vermisst man auch ältere Sony-Titel wie The Order 1886 und Driveclub, und auch von der Uncharted-Serie gibt es lediglich Teil 4 und Lost Legacy im Angebot – in ihren PS4-Versionen, wohlgemerkt, obwohl es PS5-Versionen gibt.

Hier sollen jetzt gar nicht alle Titel aufgezählt werden, die einen runderen Eindruck vermittelt hätten, beispielsweise das derzeit noch Konsolen-exklusive Deathloop. So bleibt das Gefühl, dass hier eine große Kiste voller alter Titel ausgeschüttet wurde, an der man sich für rund 100 Euro im Jahr bedienen kann. Das gilt natürlich vor allem für Spieler, die in den letzten Jahren Playstation-Besitzer waren. Neuankömmlinge, die sonst vielleicht nur Nintendo-Konsolen zu Hause hatten, finden sicher mehr Spielenswertes.

Die unterschiedlichen Preise findet man auf der Playstation-Website.
Foto: Sony

Klassiker anyone?

Bei der letzten Abo-Stufe, Premium, erkauft man sich zusätzlich den von Sony genannten "Klassikerkatalog": ältere Games, die zumeist auch gestreamt werden können. Leider fehlen viele Klassiker in diesem Angebot. Egal ob Tomb Raider, Metal Gear Solid, Killzone oder auch Tekken 3 – ja, sogar Ridge Racer findet sich nicht in den über 300 Spielen. Zu allem Überfluss sind die PS1-Games lediglich in ihren PAL-Versionen erhältlich und laufen damit nicht mit den maximal möglichen 60 Hz. Das Internet hat sich zu diesem Punkt bereits lauthals zu Wort gemeldet, weshalb Sony für künftige Titel verspricht, die NTSC-Versionen anbieten zu wollen, wie das in den USA bereits der Fall ist.

Da man nicht alle neuen Titel im Spielekatalog findet, führte Sony mit dem Premium-Modell erstmals Testversionen ein, immerhin 15 Titel aktuell. Diese lassen den geneigten Spieler zwei bis vier Stunden in Spiele wie Farming Simulator 22, Hot Wheels Unleashed oder Uncharted: Legacy of Thieves Collection blicken. Eine begrüßenswerte Idee, die hoffentlich in den folgenden Monaten Zuwachs findet. Außerdem bekommt man als Premium-Kunde Rabatte auf Spiele im Store.

Einige Highlights finden sich durchaus im Angebot.
Foto: Sony

Kaufen oder nicht kaufen

So richtig fertig gedacht wirkt das neue Konzept nicht. Unvollständige Serien, viele fehlende Klassiker und dazu technisch zum Teil nicht die aktuellsten Versionen im Angebot: Es wirkt fast so, als habe Sony nicht wirklich Lust auf dieses Abo-Update gehabt. Natürlich gibt es zahlreiche gute Titel in allen Preiskategorien, und wer noch nie mit Playstation zu tun hatte, kann einiges nachholen. Aber für eine klare Kaufempfehlung hätte der japanische Spielehersteller eindeutig eine Schippe drauflegen müssen.

In den nächsten Monaten wird Sony sicher noch am Angebot schrauben – neue und alte Titel nachliefern. Tatsächlich gäbe es viele Klassiker, die man aus dem Hut zaubern könnte und die die Stimmung sehr schnell aufhellen könnten. Da man aber weder weiß, wann neue Titel kommen, noch, welche, ist es schwierig, basierend auf diesem Nichtwissen Empfehlungen auszusprechen. Die Tatsache, dass nicht einmal ältere Sony-Serien komplett in den Abos zu finden sind, ist leider wirklich traurig. Damit hätte man ein starkes Signal in Richtung Microsoft schicken können.

Nicht falsch verstehen, den Wert der eigenen Marken zu kennen und neue Games weiterhin zum Vollpreis anzubieten, bevor sie in eine Spielesammelkiste wandern, ist ein legitimer Weg. Aber für 14 Euro im Monat muss ich mich dafür darauf verlassen können, dass mir der Hersteller alles bietet, was ich als treuer Kunde zu diesem Preis verdiene. Diesen Eindruck vermittelt der Service – speziell Premium – derzeit noch nicht. (Alexander Amon, 28.6.2022)