Durch Verkehrsunfälle, Staus, Luftverschmutzung, Lärm oder Treibhausgase verursacht der Verkehrssektor externe Kosten in Milliardenhöhe.

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Der Verkehr ist nach wie vor Österreichs großes Sorgenkind beim Klimaschutz. In den letzten Jahren sind die Treibhausgasemissionen hier stetig gestiegen – seit 1990 haben sie sich mehr als verdoppelt. Autos, Lkws und Motorräder sind mit ihren Abgasen aber nicht nur ein Problem für das Klima, sondern auch für die Gesellschaft allgemein.

Rund zwölf Milliarden Euro gaben Bund, Länder und Gemeinden im Jahr 2021 für den Verkehr aus – etwa für Straßen, Parkplätze und Reinigung. Auch durch steuerliche Subventionen wie das Diesel- oder Dienstwagenprivileg fallen staatliche Kosten im Verkehrssektor an. Was jedoch oft unbeachtet bleibt, sind die ökologischen und sozialen Kosten des Autoverkehrs.

19 Milliarden Euro externe Kosten im Verkehrssektor

Autos verursachen Verkehrsunfälle, Staus, Luftverschmutzung, Lärm oder Treibhausgase, die dem Klima schaden. Die im Verkehrssektor entstehenden externen Kosten belaufen sich laut einer aktuellen Studie des Verkehrsclubs Österreich (VCÖ), die am Montag im Rahmen eines Pressegesprächs vorgestellt wurde, insgesamt auf über 19 Milliarden Euro jährlich. Das sind Kosten, die nicht von den Verursachern getragen werden, sondern von der Allgemeinheit und kommenden Generationen.

Konkret sind es bei Privatautos 29 bis 41 Prozent der Lebenszykluskosten, die am Ende die Allgemeinheit trägt. Für Deutschland zeigt eine Studie, dass die Gesellschaft Pkws jeweils mit etwa 5.000 Euro bezuschusst. Auf EU-Ebene belaufen sich die externen Kosten des Autoverkehrs auf rund 500 Milliarden Euro pro Jahr. "Die Gesellschaft subventioniert Autofahren sehr stark. Entsprechend wird auch viel Geld in das Automobilitätssystem investiert", sagt Stefan Gössling, Mobilitätsexperte an der Linnaeus-Universität in Schweden, bei einem Pressegespräch.

Wer reich ist, tankt mehr

Die externen Kosten trägt zwar die Allgemeinheit, doch sie sind der Studie zufolge nicht gleichmäßig verteilt. So tragen etwa Autofahrerinnen und Autofahrer mit niedrigerem Einkommen und Menschen ohne Pkw einen höheren Anteil der externen Kosten. Zudem sind Haushalte mit geringerem Einkommen eher den externen Effekten von Autoverkehr wie etwa Lärm ausgesetzt.

Auch der Autobesitz ist laut dem VCÖ nicht gleich verteilt. So habe etwa die Hälfte der Haushalte mit niedrigen Einkommen kein Auto. Im Unterschied dazu haben 43 Prozent der Haushalte mit hohem Einkommen zwei oder mehr Pkws. Diese Haushalte tanken überdurchschnittlich mehr Sprit, laut VCÖ rund sechsmal mehr.

Höherer CO2-Preis gefordert

Eine Möglichkeit, die externen Kosten des Autoverkehrs zu reduzieren, ist deren Internalisierung. Das bedeutet, dass die bisher nicht berücksichtigten externen Kosten jeweils dort einfließen, wo sie entstehen. "Was ich an Kosten verursache, soll ich auch zahlen. Das ist bisher nicht der Fall", sagt Angela Köppl vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo). "Es ist höchste Zeit, dass wir ein Verkehrssystem umsetzen, in dem die Kosten für die Allgemeinheit, die ich mit meinem Verhalten verursache, reduziert werden." Geschehen kann das beispielsweise über Richtwerte oder Steuern. Befürworter dieses Prinzips erhoffen sich davon eine Lenkungswirkung, die die Gesamtkosten des Verkehrs reduziert.

Die Studienautorinnen und -autoren sprechen sich konkret dafür aus, CO2 in Österreich stärker zu bepreisen, wie es in Ländern wie Schweden der Fall ist. Derzeit liegt der CO2-Preis hierzulande bei 30 Euro pro Tonne. Bis 2025 soll er auf 55 Euro steigen. In Schweden liegt der Preis schon heute bei rund 120 Euro pro Tonne. Laut Gössling besteht der Vorteil dieser Umweltabgabe nicht nur darin, externe Kosten dem Verursacher zuzurechnen, sie schaffe auch Kostenwahrheit und reduziere die Kluft zwischen privaten und sozialen Kosten. Nicht zuletzt würden alternative Transportmittel wie der öffentliche Personennahverkehr konkurrenzfähiger.

Klimaschädliche Subventionen erneut in Kritik

Weiterhin fordert der VCÖ, klimaschädliche Subventionen für den Verkehr abzubauen. "Die Anreize gehen derzeit in die falsche Richtung", sagt Michael Schwendinger vom VCÖ. Derzeit gibt es in Österreich noch zahlreiche klimaschädliche Subventionen, die sich auf rund vier Milliarden Euro pro Jahr belaufen. Etwa die Hälfte fließt dabei in den Verkehr. Dazu gehört etwa das Dieselprivileg, von dem vor allem Haushalte profitieren, die am meisten Diesel verbrauchen – was davon abhängt, ob und wie viele Autos ein Haushalt besitzt.

Eine weitere Stellschraube ist laut der Studie, die Pendlerpauschale zu überarbeiten. Viele, die die Pauschale beziehen, hätten einen kurzen Arbeitsweg – und verlieren somit den Anreiz, klimafreundliche Verkehrsmittel zu nutzen. Knapp 40 Prozent der Anträge würden für kurze Arbeitswege zwischen zwei und 19 Kilometer gestellt, so die Studie. Zudem profitieren Besserverdiener bisher mehr von der Pauschale als Menschen, die weniger verdienen. Die Pauschale von einem Freibetrag in einen Absetzbetrag umzuwandeln könnte dieses Ungleichgewicht mildern, so die Autoren.

Gössling: Nicht gegen das Auto arbeiten

Nicht zuletzt sind Unternehmen in Österreich wichtige Akteure, da sie die Mobilität ihrer Mitarbeitenden beeinflussen können. Das betriebliche Mobilitätsmanagement spielt laut der Studie daher eine wichtige Rolle. Viele Angestellte können über ihren Arbeitgeber vergünstigt ein Jobticket für den öffentlichen Personennahverkehr erhalten. Oft werde das aber nicht genutzt, da die Pendlerpauschale höher ist als das, was das Jobticket erspart. Hier bestehe Verbesserungsbedarf.

Generell ist es bei der Frage nach den externen Kosten laut den Experten jedoch wichtig, das Auto nicht per se abzustempeln. "Ich warne immer davor, gegen das Auto zu arbeiten. Der Transportvorteil ist nur einer der vielen Gründe, Auto zu fahren", sagt Gössling. Der emotionale Wert, den das Auto für viele Menschen hat, sei nicht zu unterschätzen. Daher brauche es in der Debatte über eine sozialverträglichere Verkehrspolitik eine Kommunikation, die sich nicht gegen das Auto richtet. "Wir wissen aber, dass wir das Verkehrssystem ändern müssen", so Gössling. (Florian Koch, 28.6.2022)