Sieht sich mit einer Reihe von Vorwürfen konfrontiert: Ex-OMV-Chef Rainer Seele.

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Diesen Donnerstag endet offiziell der Vertrag zwischen OMV und Rainer Seele, der im Spätsommer 2021 vorzeitig abgetreten ist. Dem vor sieben Jahren von der BASF-Tochter Wintershall abgeworbenen Manager mit besten Verbindungen nach Moskau dürften schweißtreibende Wochen, wenn nicht sogar Monate bevorstehen.

Dem gebürtigen Deutschen scheint jetzt nämlich auf den Kopf zu fallen, was bis vor Ausbruch des russischen Aggressionskriegs gegen die Ukraine mehrheitlich wohlwollend gesehen wurde: das starke Engagement von Österreichs größtem Industriekonzern im rohstoffreichen Russland – 2018 vorzeitig bis 2040 verlängerte Gaslieferverträge inklusive. Diese waren ursprünglich bis 2028 befristet. Die Verlängerung sehen nun viele wegen der veränderten geopolitischen Situation und der nicht zuletzt von der EU-Kommission ausgegebenen Losung, "möglichst schnell raus aus (russischem) Gas", als schwere Belastung.

Das ist nicht die einzige und auch bei weitem nicht größte offene Flanke, die Seele seinen Kritikern bietet. Bei der Hauptversammlung Anfang Juni wurde dem Spitzenmanager nämlich wegen einer Reihe anderer Punkte die Entlastung versagt. Das wohl Schwerwiegendste:

Nebenabsprache

Der Ex-OMV-Chef hat dem damaligen Compliance-Chef des Konzerns, Robert Eichler, in einer Nebenabsprache Kündigungsschutz bis 2023 (bzw. eine Überbrückungszahlung im Fall einer Kündigung durch den Arbeitgeber in den Folgejahren) zugesichert. Kolportiert werden ein bis zwei Millionen Euro. Für alle genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung. Weil Eichler unter Seeles Nachfolger Alfred Stern vorzeitig gehen musste, ist der Sideletter tatsächlich schlagend geworden, OMV musste zahlen.

Unangenehm für Seele könnte es werden, weil die Nebenabsprache zum Vertrag des Compliance-Chefs aus welchen Gründen auch immer am Vorstandskollegium und an den Mitgliedern des Aufsichtsrats vorbei fixiert wurde. Nebenabsprachen seien nichts Ungewöhnliches, seien aber vorstands- und aufsichtsratspflichtig, heißt es in Juristenkreisen. Eine von OMV-Aufsichtsratschef Mark Garrett mit der Untersuchung des Falls beauftragte Kanzlei soll nun Licht in die Sache bringen.

Sponsoring ohne Gegenleistung

Untersucht wird auch ein Sponsoringvertrag der OMV mit dem Fußballklub Zenit St. Petersburg. Dabei geht es in Summe um 24 Millionen Euro, die OMV, verteilt über fünf Jahre, ab Herbst 2018 an den "Lieblingsklub" von Wladimir Putin überwiesen hat. Das Pikante dabei: Offenbar ist das Geld ohne sichtbare Gegenleistung geflossen; nicht einmal das Logo der OMV war auf den Trikots der Spieler zu finden.

Das und einige Punkte mehr sind Gegenstand von Untersuchungen. Für alle Betroffenen gilt die Unschuldsvermutung. Dass Seele bei der Hauptversammlung nicht entlastet wurde, ist jedenfalls ein ziemlich einmaliger Vorgang. (Günther Strobl, 29.6.2022)