Die Invasion Russlands in die Ukraine ließ in der EU den Wunsch nach einer Erweiterung wachsen.

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Wien – Schon bald nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine drängte Präsident Wolodymyr Selenskyj auf eine "unverzügliche" Aufnahme seines Landes in die Europäische Union. Ein Eilverfahren ist in den Regularien zwar nicht vorgesehen, doch immerhin die Verleihung des Kandidatenstatus für die Ukraine und Moldau erfolgte vergangene Woche – und damit so schnell wie für kein anderes Perspektivmitglied.

Warum die EU-Spitzen bei der Integration neuer Staaten zögerlich sind, liegt in erster Linie an zu erfüllenden harten Indikatoren wie der wirtschaftlichen Belastbarkeit oder der demokratischen Stabilität. Doch auch der Druck aus der Bevölkerung der bestehenden Mitgliedsstaaten war bisher nicht stark genug, um der Erweiterung um beitrittswillige Staaten im Osten des Kontinents mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Steigende Zustimmung auf bescheidenem Niveau

Über die gesamte Union hinweg stieg die Zustimmung zu einem weiteren Ausbau in den vergangenen zehn Jahren von rund 37 auf 47 Prozent; dagegen sprachen sich zuletzt bei elf Prozent Enthaltungen aber weiterhin 42 Prozent aus. Im traditionell noch immer EU-skeptischen Österreich verlief die Zustimmungskurve seit 2012 auf einem deutlich niedrigeren Niveau, verstärkte sich aber ebenfalls von weniger als 20 auf teils mehr als 30 Prozent.

Die Daten entstammen der Eurobarometer-Erhebung, für die die Europäische Kommission zweimal jährlich repräsentative Umfragen in allen Mitgliedsländern durchführen lässt. In der jüngsten Ausgabe ließ die Kommission fragen, ob die EU in Anbetracht der russischen Invasion in die Ukraine ein höheres Tempo bei der Erweiterung um neue Mitgliedsstaaten anschlagen soll.

Setzt man die Zeitreihen mit den neuesten Ergebnissen fort, so zeigt sich ein sprunghafter Anstieg der Zustimmung. EU-weit wünschten sich 58 Prozent der Befragten eine raschere Erweiterung, 36 Prozent waren dagegen.

Auch in Österreich erhöhte sich die Zustimmung, sodass sich diese Bevölkerungsgruppe erstmals nahezu die Waage mit dem nach wie vor ablehnenden Anteil hält. 45 Prozent würden schnellere Beitrittsbemühungen begrüßen, 50 Prozent würden sie weiterhin ablehnen.

Die jüngsten Eurobarometer-Ergebnisse basieren auf 26.578 Befragungen, die zwischen 19. April und 16. Mai in allen 27 EU-Staaten durchgeführt wurden. Als Kernergebnis kommunizierten die Studienautoren die steigende Zustimmung zur Aussage, die EU-Mitgliedschaft ihres Landes sei grundsätzlich eine gute Sache. EU-weit sehen das 65 Prozent so (acht Prozent: eine schlechte Sache; 26 Prozent: weder noch), in Österreich 46 Prozent (17 Prozent: eine schlechte Sache; 36 Prozent: weder noch). (mcmt, 30.6.2022)