Öffentlicher Philosoph: Richard David Precht hat den offenen Brief unterschrieben.

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Eine "Strategie zur möglichst raschen Beendigung des Krieges" fordern in einem am Mittwoch veröffentlichten offenen Brief an den Westen rund 20 Prominente und Intellektuelle wie Jakob Augstein, Svenja Flaßpöhler, Josef Haslinger, Alexander Kluge, Robert Pfaller, Richard David Precht, Edgar Selge, Ilija Trojanow, Harald Welzer oder Juli Zeh.

Es ist nicht der erste offene Brief zum Ukraine-Krieg. Ende April hatten 28 prominente Erstunterzeichner in der Emma vor einem "dritten Weltkrieg" gewarnt und den deutschen Kanzler Olaf Scholz aufgefordert, nicht noch mehr schwere Waffen an die Ukraine zu liefern. Der Brief löste rege Debatten aus.

In dem neuen, in der Zeit veröffentlichten Brief wird unter dem Titel Waffenstillstand jetzt! darauf hingewiesen, dass die Ukraine sich bisher "dank massiver Wirtschaftssanktionen und militärischer Unterstützungsleistungen aus Europa und den USA" gegen Russland behaupten konnte. "Je länger die Maßnahmen fortdauern, desto unklarer wird allerdings, welches Kriegsziel mit ihnen verbunden ist", gelte doch ein "Sieg der Ukraine mit der Rückeroberung aller besetzten Gebiete" unter Experten als "unrealistisch". Deshalb müssten sich die westlichen Länder, die die Ukraine mit Waffenlieferungen unterstützen, fragen, "welches Ziel sie genau verfolgen und ob (und wie lange) Waffenlieferungen weiterhin der richtige Weg sind".

Hunger und gestiegene Preise

Zudem verursache der Fortgang des Krieges "massive humanitäre, ökonomische und ökologische Notlagen auf der ganzen Welt", etwa Hunger in Afrika, Düngemittelknappheit und gestiegene Preise. Es sei mit einer "Destabilisierung der globalen Lage zu rechnen".

Der Westen müsse sich Russlands Aggression zwar geeint entgegenstellen, doch sei "ein Fortdauern des Kriegs in der Ukraine nicht die Lösung des Problems". Gefordert wird eine "zeitnahe Verhandlungslösung". Das würde aber nicht bedeuten, "der Ukraine eine Kapitulation zu diktieren". Auch sei damit nicht gemeint, "etwas über den Kopf der Beteiligten hinweg" zu entscheiden. "Die internationale Gemeinschaft muss vielmehr alles dafür tun, Bedingungen zu schaffen, unter denen Verhandlungen überhaupt möglich sind. Dazu gehört die Bekundung, dass die westlichen Akteure kein Interesse an einer Fortführung des Krieges haben und ihre Strategien entsprechend anpassen werden."

Laut dem Schreiben müssten "wirtschaftliche Sanktionen und militärische Unterstützung" in eine "politische Strategie eingebunden werden, die auf schrittweise Deeskalation bis hin zum Erreichen einer Waffenruhe gerichtet ist". Bisher sei jedoch "kein konzertierter Vorstoß der internationalen Gemeinschaft, insbesondere der großen westlichen Akteure, erfolgt, um Verhandlungen auf den Weg zu bringen". Man könne nicht davon ausgehen, dass Putin nicht verhandeln will. (red, 30.6.2022)