Ob im Supermarkt oder an der Zapfsäule: Die Bevölkerung spürt die fast achtprozentige Inflation in Österreich beinahe jeden Tag. Entsprechende Einkommenszuwächse sind bei Arbeitnehmern bisher ausgeblieben, sie müssen die enorme Teuerung aus eigener Kasse vorfinanzieren. Von den Entlastungen der Regierung ist bisher auch noch kaum etwas angekommen. Rufe nach einer Zurückhaltung der Gewerkschaften bei den anstehenden Lohnverhandlungen erscheinen unter diesem Licht unangebracht.

Im Supermarkt spürt die Bevölkerung die fast achtprozentige Inflation.
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Vielmehr ist es ihre Aufgabe, die Kaufkraft der Unselbstständigen zu bewahren – also die von Wirtschaftsforschern prognostizierten Reallohnverluste möglichst gering zu halten. Diese bedeuten nämlich, dass sich Arbeitnehmer weniger für ihr Einkommen leisten können und daher ärmer werden. Auch die Entlastungen der Regierung oder die Abschaffung der kalten Progression sind kein Argument für Lohnabschlüsse weit unter der Inflationsrate. Würde man dies gegenrechnen, wäre es de facto eine Subventionierung für Unternehmen.

Ebenso sollten die Gewerkschaften Befürchtungen beiseiteschieben, dass hohe Lohnzuwächse die Inflation anheizen könnten. Es gibt eine Institution in der Eurozone, die für Geldwertstabilität zuständig ist: die EZB, die mit ihrer Geldpolitik die Inflation wieder auf den Zielwert von zwei Prozent drücken muss. Das ist nicht die Aufgabe der Arbeitnehmerschaft. (Alexander Hahn, 30.6.2022)