Der bekannte Virologe Drosten hat den Ausschuss dieses Jahr verlassen.

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Seit mehr als zwei Jahren gehören die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus zum Alltag. Welche davon wie und in welchem Ausmaß wirken – das war auch nach Monaten der Pandemie schwer zu benennen. Die deutsche Bundesregierung und der Bundestag haben bereits Anfang 2021 einen Sonderausschuss aus Expertinnen und Wissenschaftern eingesetzt, der genau das evaluieren soll: 18 Forschende haben die verschiedenen Maßnahmen von Bund und Ländern untersucht, die Ergebnisse wurden mit Spannung erwartet. Ihr 160-seitiger Abschlussbericht wurde am heutigen Freitag veröffentlicht.

Doch wer nach eindeutigen Antworten sucht, wird wohl auch in diesem Bericht nicht fündig. Denn in vielen Belangen kam der Ausschuss zu keinem klaren Ergebnis.

Der Sachverständigenausschuss kommt so zum Beispiel zu dem Schluss, dass Lockdowns sinnvoll seien, um die Ausbreitung eines Erregers einzudämmen. Das gelte allerdings nur zu Anfang einer Pandemie. "Je länger ein Lockdown dauert und je weniger Menschen bereit sind, die Maßnahme mitzutragen, desto geringer ist der Effekt und umso schwerer wiegen die nicht-intendierten Folgen", heißt es in dem Bericht.

Schlecht sitzende Masken haben kaum Effekt

Die 2G- beziehungsweise 3G-Regelung sei von hohem Nutzen. Dieser sei allerdings ebenfalls deutlich größer zu Anfang der Pandemie, wenn es nicht so viele Virusvarianten gebe.

Masken seien im Außenbereich nicht generell empfehlenswert, in Innenräumen seien sie aber sehr effektiv. Was den Unterschied zwischen einfachen und FFP2-Masken betrifft, so sei es schwer, unterschiedliche Effekte nachzuzeichnen. Vor allem im Risikosetting, also im medizinischen oder pflegerischen Bereichen, sollte die FFP2-Maske aber präferiert werden.

Masken könnten ein "wirksames Instrument" in der Pandemiebekämpfung sein, heißt es in dem Bericht, dafür müssten sie aber richtig getragen werden. Eine schlecht sitzende Maske habe daher "verminderten bis keinen" Effekt.

Was den Umgang mit Covid in den Schulen betrifft, so konnte der Ausschuss kein Urteil fällen: Es sei unklar, ob Schulschließungen wirken würden oder nicht. "Die genaue Wirksamkeit von Schulschließungen auf die Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus ist trotz biologischer Plausibilität und zahlreicher Studien weiterhin offen", heißt es laut "Süddeutscher Zeitung" in dem Bericht.

Was die psychosozialen Folgen betrifft, so ortet der Ausschuss "erhebliche" Auswirkungen, insbesondere auf Frauen und jüngere Menschen. Ein "Mindestmaß an sozialen Kontakten" müsse "auch zu engen Bezugspersonen gewährleistet bleiben". Gerade der Schutz vor Gewalt sei hier wichtig.

In rechtlichen Fragen stellte das Gremium fest, dass die "Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite" eine juristisch fragwürdige Konstruktion darstelle. Hier wird Reformbedarf geortet.

Eingeschränkte Aussagekraft

Insgesamt gibt der Ausschuss kein klares Urteil über Erfolg oder Misserfolg der Corona-Politik in Deutschland ab. Das Gremium selbst spricht dem Bericht nur eingeschränkte Aussagekraft zu. Es fehle an Daten und an genügend Ressourcen für die Forschenden. Auch sei die Zeit knapp gewesen.

Bereits im Vorfeld gab es immer wieder Kritik an dem Ausschuss: Die Forschenden seien nicht nach wissenschaftlichen Kriterien ausgewählt worden, ihre Einsetzung sei parteipolitisch motiviert gewesen. Außerdem befänden sich zu viele Fachkräfte mit juristischem Hintergrund in dem Gremium. Der bekannte Virologe Christian Drosten etwa hat sich daher dieses Jahr aus dem Gremium zurückgezogen.

Effekt könnte der Bericht nun auf das weitere Vorgehen der deutschen Regierung in Sachen Corona-Politik haben. Die aktuellen Schutzmaßnahmen laufen mit Ende September aus. (red, 1.7.2022)