Bild nicht mehr verfügbar.

Einfach mal rumliegen, statt dauernd zu hackeln – das ist die Quintessenz der neuen "lying flat"-Bewegung.

Foto: Getty Images

Stell dir vor, es ist Job und keiner geht hin. Das wäre vielleicht der Text für eine neue Generation Flyer.

Arbeitgeber werden nebst existenziellen Fragen zum Geschäftsgegenstand mittlerweile rundum bedroht, vor allem von den Arbeitenden: in ihrem Selbstbild, nämlich dass sie großzügigerweise Arbeit geben und sich ewig lange Schlangen von solchen bilden, die diese auch nehmen wollen. Viele Branchen merken, dass das nicht mehr so ist – nicht nur in der Pflege und im Tourismus.

Die gute alte Karriereleiter, als Sinnbild des immerwährenden Aufstiegszwangs und weit ausgefahrener Ellenbogen, ist schon vor gut zehn Jahren gekippt, als sich herausstellte, dass die privilegiert ausgebildete Generation Y nicht mehr um jeden Preis "ganz nach oben" will und den Lebenszweck nicht mit diesem Berufserfolg gleichsetzt. Ein paar kleine Interventionen, etwa Sabbaticals, die Vereinnahmung der Sinndebatte durch Unternehmen, hübsche Snackküchen und Rutschen nebst Wuzzeltischen, sollten da signalisieren: Wir verstehen euch ja, machen wir es uns doch gemeinsam nett – aber im Grunde genauso weiter wie früher. Goldman Sachs hat sogar die Gehälter vervielfacht, damit die Leute ihre 15 Stunden täglich abhustlen.

Von Rumliegen und Dösen

Das hat offenbar nicht funktioniert. Zumindest nicht bei der Schicht, die Thema in der medialen Wirklichkeit zur neuen Arbeitswelt ist. Aber dann auch nicht mehr in anderen sozioökonomischen Milieus, die nunmal wirklich hackeln müssen und keinen Spielraum für Diskussionen haben. In den USA folgte "the big quit", Millionen, die einfach kündigen, ohne etwas anderes zu haben. In Österreich wird eine neue Teilzeitwelle sichtbar: Arbeiten? Ja eh, aber nicht 40 Stunden. Zumindest nicht im Sold und in der Abhängigkeit von einem Arbeitgeber.

Pandemische Erschöpfung, Weltuntergangserwartungen und dauernde Anforderungen, ausgefallene oder fehlende Kolleginnen und Kollegen zu ersetzen, befeuern jetzt eine neue Widerstandsbewegung gegen die Unterordnung unter den Arbeits- und Konsumfetisch: "lying flat". In China wurde das unter "tang ping" im Vorjahr großes Thema. Jetzt ist es bei uns. Es wird interpretiert und zurechtgerückt je nach Bedarf – vom Rumliegen und Dösen, statt dauernd zu hackeln, bis zum buddhistischen Mindset und der Innenschau statt ständiger Konfrontation mit einer scheinbar feindlich gesinnten Außenwelt. Oder als eine Art Winterschlaf ohne Job, bis die bessere Zeit, der Frühling, kommt.

Jedenfalls: viele Neins zu klassischer Arbeitsorganisation. Wenn Firmen jetzt nicht aufwachen! (Karin Bauer, 3.7.2022)