Was schlecht für Krypto-Anleger ist, könnte zumindest dem Klima ein wenig helfen.

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Die aktuelle Katerstimmung in der Krypto-Szene kostete in den letzten Monaten vielen Menschen eine Menge Geld und manche auch den Job. Gewinner der fallenden Kurse scheint die Umwelt zu sein, auch wenn der direkte Zusammenhang zwischen Mining und CO2-Ausstoß immer wieder in Frage gestellt wird.

Lohnt nicht mehr

In einer aktuellen Grafik zeigt "Digiconomist", wie der Energieverbrauch in Sachen Bitcoin und Ethereum in den letzten Tagen eingebrochen ist. Der Krypto-Crash wirke sich "nachhaltig auf die damit verbundenen CO2-Emissionen aus", so das Fachmagazin. In den letzten Wochen war häufig zu hören, dass sich das Mining zumindest für manche Kryptowährungen nicht mehr lohne. Der Grund: Der Preis ist so tief gesunken, dass er mit den Kosten gleichauf liegt. "Für einige #Bitcoin-Miner könnte es im Moment sogar unrentabel sein", schreibt die Analyseplattform "Cryptorank" Ende Juni.

Auch Aussagen wie von Binance-Chef Changpeng Zhao, es könne Jahre dauern, bis Bitcoin wieder knapp 70.000 Dollar wert ist, drücken offenbar auf die Euphorie vieler Miner, weiter aktiv zu sein.

Im Mai waren sich Experten wie etwa der Datenforscher und "Digiconomist"-Gründer Alex de Vries noch sicher, dass der Krypto-Crash nur wenig Einfluss auf die Umwelt haben werde. Begründet wurde das damals damit, dass der Anstieg des Preises einer Kryptowährung zwar dazu führt, dass mehr Computerkapazität dafür bereitgestellt wird – was die CO2-Emissionen erhöht –, dass es jedoch lange dauern würde, bis diese Kapazität verschwindet, nachdem der Wert gesunken ist. Die Auswirkungen auf das Klima würden demnach noch lange bestehen bleiben.

Intensiver Prozess

Kryptowährungen funktionieren, indem sie ihre Transaktionen durch eine große Anzahl von "Minern" validieren, die ihre Computer verwenden, um extrem komplexe mathematische Probleme zu lösen, im Austausch für die Chance, Token als Belohnung zu erhalten. Dies geschieht in einem sehr energieintensiven Prozess. So braucht laut Analysen alleine das Bitcoin-Netzwerk rund 204 Terawatt-Stunden Elektrizität pro Jahr. Der unter anderem vom kurzfristigen NFT-Boom profitierende Ethereum-Token kommt immerhin auf 104 Terawatt-Stunden.

Diese "proof of work" Kryptowährungen produzieren damit einen markanten CO2-Ausstoß. Jener von Bitcoin wurde Anfang 2022 etwa mit 380.000 Raketenstarts verglichen beziehungsweise dem jährlichen CO2-Fußabdruck der Tschechischen Republik.

Das große Gegenargument der Krypto-Anhänger bleibt weiterhin, dass auch Nicht-Krypto-Finanzsysteme Energie verbrauchen und damit CO2 ausstoßen. Diese Zahlen würden aber selten mit dem Verbrauch ganzer Länder in Verbindung gestellt werden, so der Tenor. Für den US-Dollar gibt es allerdings zugegebenermaßen schon mehr Erfolgsstorys als etwa für den Bitcoin. Die Einführung als reguläres Zahlungsmittel hat in der Vergangenheit selbst in Ländern nicht funktioniert, die die Kryptowährung als offizielles Zahlungssystem eingeführt hatten.

Krypto-Winter

Um nachhaltig die Emissionen des Minings drastisch zu senken, müsste der Wert von Bitcoin auf rund 8.000 Dollar sinken – derzeit liegt er bei knapp über 19.000 Dollar. Zu dieser Erkenntnis kam 2021 eine Studie, die sich mit dem Thema befasste. Das liegt daran, dass sich die Kosten für das Schürfen von Kryptowährungen auf zwei Hauptbereiche verteilen: den Kauf der Hardware und die Bezahlung des Stroms. Wenn die Preise steigen, kaufen Miner neue Computer – teure Grafikkarten für Ethereum oder speziell gebaute "Rigs" für Bitcoin – aber wenn sie bereits eingerichtet sind, lohnt es sich, sie nur dann abzuschalten, wenn die Stromkosten höher sind als die erwarteten Einnahmen.

Wilder Westen

Den bisher kaum regulierten Kryptomarkt nannten Vertreter der EU zuletzt "Wilden Westen". Deshalb wird es Ende 2023 Vorschriften für "Markets in Crypto Assets" geben, ließ die EU kürzlich wissen. Das Regelwerk will etwa Lizenzen für Unternehmen ausstellen, die Kryptowährungen emittieren und verkaufen wollen. Außerdem sollen Inhaber von Stablecoins das Recht erhalten, ihr Geld kostenlos zurückzufordern. Auch das Thema Klimawandel wird in dem Maßnahmenkatalog berücksichtigt. Die EU-Kommission will innerhalb von zwei Jahren die Umweltauswirkungen von Kryptoassets bewerten und verbindliche Nachhaltigkeitsregeln einführen. Dies soll auch für die energieintensiven Systeme gelten, die zum Schürfen (Mining) von Kryptowährungen zum Einsatz kommen. (aam, 2.7.2022)