Innen- und Außenwahrnehmung. Derweil in unseren Breiten Honda von außen als etwas eigenwilliger Autohersteller mit hochkarätiger Motorradabteilung wahrgenommen wird, sehen die Japaner sich selbst mit einiger Berechtigung als multipel potenten Technologiekonzern – der sogar, Stichwort Honda Jet HA-420, ein klein wenig am Quasi-Flugzeugtriebwerksmonopol der Siegermächte des Zweiten Weltkriegs kratzt. Nachteil: Die einzelnen Abteilungen arbeiten nicht immer gedeihlich miteinander, ziehen nicht immer an einem Strang, und so weiß die eine Hand mitunter nicht, was die andere tut.

Honda-typisch

Am Civic e:HEV, und damit zum eigentlichen Thema, zeigt sich immerhin eine klare Konzerngrundausrichtung, die ähnlich auch bei Mazda beobachtbar ist: In der Firma zählt in erster Linie Ingenieursdenke, man macht nicht alles einfach nach, weil es die anderen auch tun. Und so hat man sich zum Thema Hybridantrieb schon bei anderen Baureihen was Honda-typisches einfallen lassen: mehr oder weniger Elektroantrieb mit Range-Extender.

Innen wirkt der Fließheckler aufgeräumt, modern, und man würde nicht vermuten, welcher Aufwand allein hinter der neuartigen Lüftung steckt.
Foto: Werk

Der Verbrennungsmotor, in dem Fall ein 2,0-Liter-Vierzylinder mit 143 PS, fungiert als Reichweitenerweiterer, inselsächsisch: Range-Extender, und beliefert, im meist optimalen Drehzahlbereich werkend, einen der beiden E-Motoren an Bord, der als Generator Strom – nun ja: eben generiert. Der Antriebs-E-Motor, der mit 135 kW (184 PS), sorgt für die von den Steuerfrauen jedweden Geschlechts gewünschte Überwindung von Raum. Erst bei höherem Tempo greift der Otto direkt ins Antriebsgeschehen an den Vorderrädern ein, via Überbrückungskupplung, die Übersetzung ist vergleichbar mit dem vierten, fünften Gang.

Wie fährt sich das im neuen Civic, der künftig nicht mehr aus Swindon stammt – Honda schließt bekanntlich sein englisches Werk, Brexit und die Folgen –, sondern aus dem japanischen Saitama, zumal ja ein neuer Atkinson-Benziner zum Einsatz kommt und die Baureihe heuer ihr 50-Jahr-Jubiläum feiert?

Kein Head-up-Display

Überzeugend. Präzise Lenkung, gekonnt abgestimmtes Fahrwerk auf der eher straffen Seite und ein Bedienkonzept, bei dem, inzwischen markentypisch, genau bedacht wurde, was man per Berührungsbildschirm in Gang setzt und was besser über (bei Verwendung satt klickende) Drehschalter. Was noch gut passen würde, wäre ein HUD (Head-up-Display).

Auffälligste Änderung im Sinne von Feinschliff gegenüber den bisherigen e:HEVs ist eine, die man hört. War bisher von der hellhörigen Kundschaft bekrittelt worden, dass der getriebelose Antrieb beim Hochdrehen und Autobahntempo nervig klingt, ähnlich wie Toyotas Vollhybride, so ersannen die Honda-Ingenieure ein Maßnahmenpaket zur Entschärfung dieses Mankos.

Dazu zählen gezielte Dämmmaßnahmen, erläutert Honda-Technikexperte Ko Yamamoto, vor allem aber das bessere Otto-Ansprechverhalten dank Direkteinspritzung sowie die stärkere Elektromaschine.

Der Civic macht jetzt auch beim Design wieder eine gute Figur, und er fährt meist elektrisch – erst bei höherem Tempo übernimmt der Verbrennungsmotor direkt.
Foto: Werk

Überzeugendes Ergebnis: kein Miii-mööö mehr und bei höheren Geschwindigkeiten ein ganz dezenter Akustikeintrag des Verbrennungsmotors. Im Sport-Modus wird dieser noch ein wenig verstärkt, aber nur echter Motorsound, keine schlichte Konserve, auch dies entspannt unpeinlich dargeboten.

Die Magic Seats hinten gibt es beim Civic schon länger nicht mehr. Den Platz unter der Rückbank nutzt Honda zum Verstauen der Lithium-Ionen-Batterie (Kapazität: 1,05 kWh) und, gleich dahinter, des Benzintanks. Das Paket trägt auch zur guten Achslastverteilung und damit zu ausgewogener Balance und agilem Handling bei.

Unterm Strich ein eigenwilliger, komplexer, gleichwohl überzeugender Beitrag zur Effizienzsteigerung. Viel Herumstromern ist kein Zeichen von Verwahrlosung. Stichwort Type R? Kommt. Später, 2023. (Andreas Stockinger, 5.7.2022)