Der renommierte Kriegsreporter Maks Levin dokumentierte den Ukrainekrieg seit 2014 an vorderster Front. 2022 bezahlte er dafür mit seinem Leben.

Maks Levin, Gmunden Photo

Es ist ein bizarres Sinnbild ziviler Widerständigkeit: Wie mit der Trennscheibe auseinandergeschnitten wirkt jene Wohnung, die die Fotografin Yelyzaveta Servatynska in der von russischen Bomben zerstörten Ukraine festhielt. Ein Querschnitt des Grauens, der im Detail doch so etwas wie Hoffnung ausstrahlt: Denn in dem völlig zerstörten Wohnhaus ist wie durch ein Wunder ein Küchenschrank heil geblieben, sogar das Geschirr steht noch an seinem Platz.

Die 25-jährige ukrainische Fotografin Yelyzaveta Servatynska dokumentiert das Grauen in ihrer Heimat: In einer zerbombten Wohnung blieb auf wundersame Weise ein Hängeschrank unversehrt.
Yelyzaveta Servatynska, Gmunden Photo

Das Werk der 25-jährigen Fotojournalistin aus Mykolajiw ist eines der vielen Kriegsreportagebilder, die bei der zum zweiten Mal stattfindenden Ausstellung Gmunden Photo im Salzkammergutort gezeigt werden. Dort, wo die Schönheit des Traunsees sich im berühmten Keramikgeschirr mit Welterbestatus spiegelt, rückt so etwas wie Krieg verständlicherweise sehr weit weg. Servatynskas Foto aber erinnert einen daran, wie zerbrechlich Heimat, heile Welt und Häuslichkeit andernorts dieser Tage wieder geworden sind.

Es ist eben keine Wohlfühlausstellung, die die Initiatoren Felix Leutner und Tom Wallmann sich dieses Jahr für ihre Gmunden Photo gewünscht haben. Als kuratierendes Team engagierte man Boris Ondreicka von der Vienna Contemporary und Yana Barinova, Kiews ehemalige Kulturverantwortliche, die im März dieses Jahres mit ihrer Tochter nach Wien geflüchtet ist.

Fotos an vorderster Front

17 Fotografinnen und Fotografen, die meisten davon aus der Ukraine, einige aus Österreich, haben die beiden ausgewählt, um ihre Arbeiten zu zeigen – tragischerweise auch posthum: Denn der renommierte Kriegsfotograf Maks Levin, der die russische Aggression in der Ukraine seit 2014 an vorderster Front dokumentierte, wurde im März dieses Jahres von Soldaten erschossen.

Es sind eindringliche Bilder von Schützengräben, von zerstörter ziviler Infrastruktur, von verzweifelten Menschen auf der Flucht, im Bunker oder Krankenhaus. Videoinstallationen in Form einfacher Handyvideos dokumentieren zudem den zwischenmenschlichen Konflikt auf der Mikroebene: Lynchjustiz auf den Straßen oder eine Gruppe junger Russen in Riga, die zu Silvester die Hymne der Sowjetunion in Endlosschleife hören.

Die Fotografien aus Österreich kommunizieren auf symbolischer Ebene mit dem Thema: Auf einem Bild von Hans Schabus etwa ist ein Segler zu sehen, der mit seinem Boot in einen finsteren Kanal hinein ins Ungewisse steuert. Auch das ist ein Sinnbild zur Situation.

Ein Bild von Hans Schabus zeigt einen Segler, der in die Ungewissheit steuert.
Foto: Hans Schabus, Gmunden Photo

Gezeigt wird all das in Gmunden etwas abseits vom See auf einem baufälligen städtischen Gelände, das zum Kulturzentrum umgebaut werden soll. Die aktuell noch ruinöse Bausubstanz und zusätzlich aufgestellte Baucontainer als Präsentationsorte wirken dem Thema angemessen. So zeigt einer der schönsten Orte Österreichs Anteilnahme, ohne dabei in die Falle des Betroffenheitskitschs zu gehen. (Stefan Weiss, 4.7.2022)