Studierende treten in einem offenen Brief für einen geradlinigeren Kurs in MeToo-Angelegenheiten ein – und nennen Namen.

Foto: Heribert Corn

Seit Beginn der MeToo-Debatte in Österreich steht auch die Filmakademie Wien als Schauplatz im Brennpunkt. Einige der Instagram-Postings von Regisseurin Katharina Mückstein, welche die Diskussion ins Laufen brachten, bezogen sich konkret auf ihre Ausbildungszeit. Auch die Beratungsstelle #WeDo bestätigte, wiederholt Berichte von Machtmissbrauch und Diskriminierung an der Filmakademie erhalten zu haben.

In einer Stellungnahme, die dem STANDARD vorliegt, beklagt nun die Studierendenvertretung der Filmakademie die mangelhafte Bereitschaft der Leitung von Danny Krausz und Oliver Kunz, auf die Vorwürfe einzugehen – das Verhalten sei "inakzeptabel", auch die Äußerungen des Rektorats bezeichnen die Unterzeichner als unzureichend.

Man muss Namen nennen

Ohne "vehementes Nachfragen" wäre das Thema MeToo an der Filmakademie bei der letzten Institutssitzung "nach ein paar allgemeinen Worten abgehakt worden". Die Studierenden gehen nun in die Offensive: Man müsse Namen nennen, nur dann sei eine Aufarbeitung der Vergangenheit möglich, nur dann würde man aufzeigen, dass "diskriminierendes Verhalten jeglicher Art, nicht geduldet werden darf".

Konkret verwiesen wird auf eine Person, die von 1977 bis 2010 an der Filmakademie tätig war: "Es gehört endlich ausgesprochen, dass der 2017 verstorbene Produktionsprofessor und langjährige Institutsleiter Peter A. Mayer im Zentrum der Vorwürfe von Katharina Mückstein steht." Dass Mayer sich in seinem Unterricht "offen sexistisch, rassistisch und militaristisch" geäußert hat, habe niemand in der Institutssitzung bestritten.

Kein Einzelfall

Mückstein bestätigt diese Vorwürfe: "Meine persönlichen Erfahrungen beziehen sich auf verbale und körperliche sexuelle Belästigung." Dies sei kein Einzelfall: Sie habe bereits 2006 gemeinsam mit anderen Studierenden Gedächtnisprotokolle über Aussagen und Taten Mayers im Unterricht angelegt, in denen auch Situationen körperlicher Grenzüberschreitungen beschrieben werden.

Danny Krausz hält auf Nachfrage fest, dass der "Umgang mit den damaligen Vorwürfen" gegen Mayer "nicht nachvollziehbar" sei, "ein Rücktritt wäre aus heutiger Sicht angemessen gewesen." Er war aber nicht mit dem Fall befasst.

Krausz befürwortet die Aufarbeitung der Vergangenheit und unterstreicht die Absicht, sich bestehender Ängste und jüngerer Fälle annehmen zu wollen. Für den Sommer hat man einen Aktionsplan geplant, um Präventionsmaßnahmen zu forcieren.

Die Studierendenvertretung fordert die Leitung auf, Mückstein einzuladen und ein von Mayer 2017 an die Filmakademie vermachtes Erbe (100.000 Euro) an #WeDo zu übergeben. Dies sei kein Thema für Krausz, da es ja mehrere Vertrauensstellen gebe, die man auch evaluieren müsse. (Dominik Kamalzadeh, 5.7.2022)