Beim LHCb-Experiment am Kernforschungszentrum Cern wurden bisher unbekannte Teilchen identifiziert.

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Während der Large Hadron Collider (LHC) in seine dritte Laufzeit startet, verbergen sich im Datenberg der vorherigen Durchgänge noch so manche Schätze: Das LHCb-Experiment, einer der vier großen Detektoren entlang des 27 Kilometer messenden Beschleunigerrings, hat in den Zerfallsprodukten von B-Mesonen drei neue Teilchen gefunden. Dabei handelt es sich um exotische Kombinationen von Quarks.

Fünfköpfige Teilchen

Nach heutigem Theorienstand sind Quarks Elementarteilchen, die in sechs Sorten, auf Englisch "flavours", vorkommen. Kombiniert man Quarks miteinander, entstehen Hadronen. So sind etwa Protonen Gruppen aus zwei Up-Quarks und einem Down-Quark, hingegen benötigt man für Neutronen nur ein Up-Quark und zwei Down-Quarks. Doch es müssen nicht immer drei Quarks sein: Auch paarweise bilden die Teilchen spezielle Hadronen, genannt Mesonen. Schon in den Sechzigerjahren haben theoretische Physiker vorhergesagt, dass zu den Zweier- und Dreierkombinationen noch jeweils ein Quark-Antiquark-Paar hinzugefügt werden kann. Die so entstehenden Tetra- und Pentaquarks würden aus vier oder fünf Quarks bestehen.

Es dauerte über 50 Jahre, bis die ersten Vertreter dieser seltenen Kombinationen nachgewiesen wurden. Verantwortlich für die Entdeckung war damals schon das LHCb-Experiment. Nun setzt das Team um den Detektor seine Erfolgsgeschichte fort. Das neue Pentaquark ist eine Kombination aus einem Up-, Down- und Strange-Quark sowie einem Charm-Quark-Antiquark-Paar. Bei diesen Messungen ist die hohe statistische Signifikanz beeindruckend. Damit können die Forscher ausschließen, dass die Ergebnisse rein zufällig entstanden sind.

Neue Ufer der Hadronenforschung

Neben dem Pentaquark entdeckten die Teilchenphysiker auch zwei neue Tetraquarks. Sie sind aus einem Charm-, Strange-, Up- und Down-Quark beziehungsweise ihren Anti-Quarks aufgebaut. Diese Teilchen reihen sich in eine wachsende Gruppe an Hadronen ein, die über den bekannten Teilchenzoo hinausgehen. In der neuen Runde des LHC sollen diese Exoten besser erforscht werden. Unter anderem wollen die Wissenschafterinnen und Wissenschafter die Struktur der Pentaquarks vermessen: Bestehen sie aus einem Meson und einem gewöhnlichen Hadron und sind damit eine Art subatomares Molekül, oder sind alle fünf Quarks an einem Ort zusammengerückt?

Die Forschung an den seltenen Quark-Kombinationen des "Teilchenzoos 2.0" soll dazu beitragen, ein besseres Modell der gewöhnlichen Hadronen zu entwickeln. Damit erlaubt der LHC, jene Teilchen besser zu verstehen, aus denen ein Großteil der Materie im All besteht. (Dorian Schiffer, 6.7.2022)