Im Gastblog schildert die Rechtsanwältin Julia Andras, wie die Vaterschaft nicht nur durch einen direkten, sondern auch durch einen indirekten DNA-Vergleich gerichtlich festgestellt werden kann.

Einer der wesentlichen immer noch bestehenden Unterschiede zwischen ehelichen und unehelichen Kindern ist jener, dass bei ehelichen Kindern, also solchen, die während aufrechter Ehe der – angeblichen – Kindeseltern gezeugt werden, die gesetzliche Vermutung gilt, dass der Ehemann der Mutter auch der leibliche Vater des Kindes ist.

Anders hingegen bei unehelichen Kindern, hier muss der infrage kommende Vater die Vaterschaft offiziell anerkennen. An das Vaterschaftsanerkenntnis sind weitreichende unterhaltsrechtliche Konsequenzen geknüpft, zumal Kindesunterhalt grundsätzlich bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes zu gewähren ist, die im Falle der ernsthaften Betreibung eines Studiums gut und gerne auch erst mit dem 27. oder gar 28. Lebensjahr eintreten kann.

Verweigerung der DNA-Probe

Es hat somit wirtschaftlich weitreichende Konsequenzen, eine Vaterschaft anzuerkennen. Genau dies hat sich offensichtlich ein Mann gedacht, der der Vaterschaft entgehen wollte und trotz entsprechenden Antrags seines mutmaßlichen Kindes auf Feststellung der Vaterschaft die Abgabe einer DNA-Probe verweigert hat.

Da der mutmaßliche Vater verweigerte, einen DNA-Test zu machen, wurde mittels der DNA eines anderen Familienmitglieds die Vaterschaft bestimmt.
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Dennoch entschied das Gericht – und wurde darin in weiterer Folge vom Obersten Gerichtshof (OGH 25.01.2022, 1 Ob 236/21v) bestätigt –, dass der Mann der Vater des Kindes sei, und erklärte hierbei auch einen spitzfindigen Umweg für zulässig. Der Vater hatte nämlich ein anderes Kind, dessen Vaterschaft er bereits anerkannt hatte. Das antragstellende Kind begehrte die Verwendung einer DNA-Probe seines Bruders. Es wurde also vom ersten Kind eine DNA-Probe genommen und mit der DNA des noch vaterlosen Antragstellers verglichen. Das Ergebnis: Der Mann sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Vater des zweiten Kindes.

Indirekter Vergleich gerichtlich anerkannt

Der Vater wehrte sich in allen Instanzen gegen dieses Vorgehen und ortete einen Verstoß gegen die amtswegige Wahrheitsforschung. Dieser von ihm argumentierte Mangel des Verfahrens wurde aber bis zum Schluss nicht bestätigt. Insbesondere hielt der Oberste Gerichtshof in diesem Zusammenhang fest, dass es ja der Vater war, der die Abgabe seiner DNA-Probe verweigert und damit die Aufnahme eines beantragten Beweises durch sein Verhalten vereitelt hatte. Der amtswegige Untersuchungsgrundsatz, wonach das Gericht die Beweise selbst zu ermitteln hat, findet aber nach Meinung des Obersten Gerichtshofes dort seine Grenzen, wo eine weitere Beweisaufnahme nicht möglich ist oder deren Durchführung zu einer nicht absehbaren Prozessverschleppung führen würde.

Eine gegen den Willen des mutmaßlichen Vaters abgenommene DNA-Probe scheidet aus, zumal dies als Körperverletzung gewertet werden könnte. Andere Wege bestanden nicht. Der Oberste Gerichtshof kommentierte auch den Vorwurf eines Verfahrensfehlers, der darin liege, dass das Gericht die DNA-Probe nicht zwangsweise abnehmen ließ, aus diesem Grund nicht weiter. Das Kind, das den Antrag auf Feststellung der Vaterschaft gestellt hatte, konnte diesen Beweis erbringen, zumal festgestellt wurde, dass er der biologische Sohn des Antragsgegners ist.

Durch den Bruder zum Vater

Das eingeholte Gutachten eines Sachverständigen hatte ergeben, dass der erste Sohn des Mannes, dessen Vaterschaft er anerkannt hatte, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Bruder des anderen Kindes ist. Somit bestätigten die Gerichte erster und zweiter Instanz die Vaterschaft des Mannes.

Damit hatte der Bruder des Antragstellers diesem zu seinem Vater und damit zu einem potenziellen Unterhaltspflichtigen verholfen.

Diese außergewöhnliche Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zeigt einmal mehr, dass in familienrechtlichen Verfahren die Beiziehung eines rechtskundigen Experten beziehungsweise zumindest die Auseinandersetzung mit juristischen Spitzfindigkeiten maßgeblich zum Erfolg eines Falles beitragen können. (Julia Andras, 8.7.2022)