Der vom Metropolitan Museum 2017 für 3,5 Millionen Euro erworbene vergoldete Sarg wurde 2019 an Ägypten retourniert.

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Ende Mai, Anfang Juni überschlugen sich in einem Fall von mutmaßlich aus Ägypten via Dubai nach Europa geschmuggelten Kulturgütern die Ereignisse. Den Ermittlungen US-amerikanischer und französischer Behörden zufolge geht es um Antiken, die über ein Händlernetzwerk in den Markt eingeschleust und an Sammler sowie prominente Institutionen verkauft wurden. Davon betroffen sind etwa das Metropolitan Museum in New York und der Louvre Abu Dhabi mit einem Ankaufsvolumen von insgesamt knapp 60 Millionen Euro für etwa zehn Objekte, wie das Fachmagazin The Art Newspaper berichtet.

Jean-Luc Martinez, bis September vergangenen Jahres Direktor des Louvre in Paris, wurde Ende Mai in Paris verhaftet und wegen Beihilfe zu bandenmäßigem Betrug und Geldwäsche angeklagt. Er soll bei der Vermittlung der Objekte an den Louvre Abu Dhabi eine Rolle gespielt haben. Konkret in seiner mit der Louvre-Direktion (2013–2021) verknüpften Funktion als Vorsitzender jener Kommission, die seit dem Start des Abu-Dhabi-Projekts 2007 die Ankäufe des Partnermuseums genehmigt, sofern eine französische Expertise im Spiel ist.

Martinez bestreitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe vehement. Dessen ungeachtet schlossen sich sowohl das Museum in Paris als auch der Louvre Abu Dhabi der Klage über den Zivilweg an.

Veritabler Fehlkauf

Im Metropolitan Museum beschlagnahmten Behörden Anfang Juni wiederum fünf Objekte, die zwischen 2013 und 2015 angekauft wurden. Es war nicht die erste Sicherstellung dieser Art. Bereits im Februar 2019 hatte Max Hollein, gerade einmal ein halbes Jahr als Direktor im Amt, einen veritablen Fehlkauf eingestehen müssen.

Dabei ging es um einen vergoldeten mumienförmigen Sarg aus dem ersten Jahrhundert v. Chr., der 2017 für 3,5 Millionen Dollar aus dem französischen Handel angekauft worden war. Laut der Bezirksstaatsanwaltschaft von Manhattan waren sowohl die Angaben zu den Vorbesitzern als auch die ägyptische, vermeintlich 1971 erteilte Exportlizenz gefälscht. Der Sarg, der einst die Überreste eines hochrangigen Priesters enthielt, wurde im Herbst 2019 an Ägypten retourniert.

Zum besseren Verständnis: Seit 1983 hat Ägypten die Ausfuhr von Antiken untersagt. Auf internationaler Ebene war bereits 1970 das Unesco-Übereinkommen über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung unzulässiger Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut verabschiedet und von den rund 150 Vertragsstaaten zu unterschiedlichen Zeitpunkten ratifiziert worden. Der illegale Handel mit oder die illegale Verbringung von Kulturgütern aus laufenden Raubgrabungen oder Plünderungen wurde damit jedoch nie verhindert, allenfalls erschwert.

Opfer einer Jagd?

Im aktuellen Fall gehen die Behörden von Schiebereien im zeitlichen Umfeld des Arabischen Frühlings 2011 aus. Die nach dem Ankauf des vergoldeten Sargs 2018 eingeleiteten länderübergreifenden Ermittlungen förderten bisher ein Netzwerk von in Paris, Dubai und Hamburg aktiven Händlern zutage. Sie alle sehen sich als Opfer einer Hexenjagd gegen den Antikenhandel und bestreiten die Vorwürfe.

Einer Schlüsselrolle wird der deutsch-libanesische, in Hamburg ansässige Händler Roben Dib verdächtigt. Ermittlern zufolge soll er die Antiken zur Restaurierung nach Deutschland geschmuggelt und anschließend mit gefälschten Dokumenten und Vorbesitzerangaben in Umlauf gebracht haben. Als Erstabnehmer fungierte ein französischer Kollege: Christophe Kunicki, der auch für das Auktionshaus Pierre Bergé & Associés als Experte tätig war, wo einige der beschlagnahmten Objekte versteigert wurden.

Kritik an den Museen

Den Sarg hatte Kunicki dem Metropolitan direkt verkauft, dem Louvre Abu Dhabi weitere sechs Antiken, darunter ein kolossaler Marmorkopf einer ptolemäischen Königin, bei der es sich um Kleopatra handeln könnte. Stolze 35 Millionen Euro ließ das Emirat allein dafür springen. Die Provenienz soll auch hier eine Erfindung gewesen sein.

Der Fall könnte noch weite Kreise ziehen und zu unzähligen Gerichtsverfahren führen. Die Ermittler sparen aber auch nicht mit Kritik an den Museen: Ihre Untersuchungen hätten schwerwiegende Mängel bei der Überprüfung im Vorfeld der Ankäufe ergeben. (Olga Kronsteiner, 8.7.2022)