Die Fluglinien-Branche möchte, dass Flüge im Rahmen ihres Emissionsausgleichssystems Corsia, bei dem der Preis pro Tonne deutlich niedriger als beim EU-Emissionshandelssystem ist, geregelt werden.

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Brüssel – Mehrere Fluggesellschaften in Europa, darunter die AUA-Mutter Lufthansa, kämpfen in Brüssel hinter den Kulissen gegen strengere CO2-Emissionsziele, wie aus Dokumenten hervorgeht, die einer Umweltschutzgruppe vorliegen. Demnach wehrten sie sich gegen die Einführung neuer Steuern auf Flugkraftstoffe und führten ihre durch die Coronapandemie tiefroten Bilanzen als Argument gegen striktere Vorschriften an.

Aus den Dokumenten, die InfluenceMap durch Anfragen zur Informationsfreiheit erhalten hat, geht laut Bloomberg hervor, dass Fluggesellschaften und Industrieverbände Lobbyarbeit gegen strengere Regeln im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems (ETS) betrieben haben.

"ungleiche Wettbewerbsbedingungen"

Die Bemühungen der Luftfahrtindustrie kamen zu einem Zeitpunkt, an dem die EU-Kommission sich darauf vorbereitet, Mitte Juli eine Reihe von Gesetzen zum Klimaschutz vorzustellen, um die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken.

Die Lufthansa etwa beschwerte sich im Jänner in einem Schreiben an Frans Timmermans, den EU-Vizekommissar für den Green Deal, über die "ungleichen Wettbewerbsbedingungen", die durch neue Vorschriften wie die Verpflichtung der Fluggesellschaften, eine bestimmte Menge an nachhaltigem Treibstoff zu verwenden, entstehen würden.

Zuvor, im Oktober 2021, drängte der Branchenverband Airlines for Europe die EU-Beamten, keine Kerosinsteuer für Flüge innerhalb der EU zu beschließen, wie sie in dem anstehenden Paket vorgeschlagen wird, mit der Begründung, dass die Fluggesellschaften in Drittländern auftanken würden.

ETS benachteilige europäische Fluggesellschaften

Die europäischen Fluggesellschaften haben sich im vergangenen Jahr dazu verpflichtet, bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen, was sie mit einem Mix aus treibstoffeffizienten Flugzeugen, nachhaltigen Kraftstoffen, Kompensationsmaßnahmen und neuen Technologien wie Wasserstoff- und elektrisch betriebenen Flugzeugen erreichen wollen.

Diese Versprechen würden jedoch nach Ansicht grüner Interessengruppen durch die Lobbyarbeit gegen Klimamaßnahmen torpediert. "Der Luftfahrtsektor hat auf höchster Ebene seine Unterstützung für Netto-Null-Emissionen im EU-Luftverkehr bis 2050 bekundet, während er sich nationalen und EU-weiten Klimaregelungen widersetzt, um dieses Ziel zu erreichen", so InfluenceMap.

Aus den Dokumenten geht auch hervor, dass der internationale Airlineverband IATA im April letzten Jahres die Kommission aufgefordert hat, "eine Art von Flexibilität für Betreiber anzubieten, die sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage befinden und nicht in der Lage sind, das ETS einzuhalten". In ihrer Antwort sagten die EU-Beamten, das System müsse respektiert werden".

Die Airline-Industrie hat wiederholt erklärt, dass das ETS europäische Fluggesellschaften gegenüber anderen Fluggesellschaften benachteiligt, da es nicht für Flüge außerhalb Europas gilt. Während politische Entscheidungsträger darauf drängen, das System auf den interkontinentalen Flugverkehr auszuweiten, möchte die Branche, dass diese Flüge im Rahmen ihres Emissionsausgleichssystems Corsia geregelt werden. Der Preis der für Corsia in Frage kommenden Kompensationen liegt mit etwa 2 Dollar (1,97 Euro) pro Tonne deutlich unter dem der EU-Emissionszertifikate mit aktuell 80 Euro pro Tonne. (APA, 7.7.2022)