In der zweiten Julihälfte könnte das Thermometer auf weit über 40 Grad klettern, wie in sozialen Medien derzeit verlautbart wird. Wie schlimm sich die angekündigte Hitzewelle wirklich ausnimmt, können Fachleute erst nächste Woche mit Sicherheit sagen.
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Bereits die vergangenen Wochen ließen die Temperaturen hierzulande auf teils bis zu 38 Grad klettern. Wie Prognosen nun nahelegen, könnte es sich bei dieser bereits rekordverdächtig heißen Phase um ein Vorgeplänkel gehandelt haben. Manche Wettermodelle deuten auf eine extreme Hitzewelle hin, die in der zweiten Julihälfte halb Europa neue Höchstwerte auf dem Thermometer bescheren wird. Die Rede ist von mehr als 40 Grad, die uns auch in Österreich bevorstehen könnten.

Handelt es sich bei diesem Szenario um ein Schreckgespenst, das durch die sozialen Medien geistert, oder steht tatsächlich eine ganz außergewöhnlich heiße Phase bevor? Die Hitzewelle rolle mit großer Wahrscheinlichkeit auf uns zu, heißt es seitens der Österreichischen Unwetterzentrale (UWZ). Nächste Woche soll sie hauptsächlich die Iberische Halbinsel und Frankreich fest im Griff haben. Übernächste Woche könnte die Hitze dann auch in Österreich ihren Höhepunkt erreichen.

Wie heiß wird es?

Der Umstand, dass die Extremwitterung im Anmarsch ist, sagt jedoch wenig über ihre tatsächlichen Ausmaße aus. Wie heftig oder lang die Hitzewelle ausfallen wird, bleibt der UWZ zufolge abzuwarten. Auch Thomas Turecek, Vorhersagemeteorologe der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Wien, rät dazu, kolportierte Horrorszenarien mit Vorsicht zu genießen.

Gesichert sei, dass die Temperaturen ab Mittwoch wieder auf rund 30 Grad steigen werden. "Alles darüber hinaus ist mit großer Unsicherheit behaftet, es gibt zu viele unterschiedliche Möglichkeiten, wie sich die Lage entwickeln könnte", erklärt Turecek im Gespräch mit dem STANDARD. Für Langzeitprognosen nutzt die ZAMG verschiedene Modelle, die denn auch unterschiedliche Szenarien ausgeben. Manche Modellläufe deuten darauf hin, dass die Temperaturen weit unterhalb der 40 Grad bleiben werden.

Hochsommer und Hundstage

Demgegenüber stehen Modelle, die auf 38 bis 40 Grad hindeuten. Diese beziehen sich allerdings auf den Zeitraum zwischen 15. und 20. Juli – und das sei eben die heißeste Zeit in Mitteleuropa, gibt der ZAMG-Experte zu bedenken: "Das sind die bekannten Hundstage." Temperaturen um die 38 Grad seien für dieses hochsommerliche Wetter nicht ungewöhnlich.

Ob die nun prophezeite Hitzewelle Österreich wirklich Temperaturen von mehr als 40 Grad bescheren wird, sei derzeit aber kaum zu bestätigen. "Wo wir landen werden, schauen wir uns nach diesem Wochenende an", sagt Turecek. Ab Mittwoch könnten die ersten wirklich zuverlässigen Aussagen getroffen werden.

Schweißtreibende Aussichten

Was Wissenschafterinnen und Wissenschaftern als weitgehend gesichert gilt: Künftig werden Hitzewellen aufgrund des Klimawandels häufiger auftreten und extremer ausfallen. Das belegte kürzlich eine Analyse der University of Oxford und des Imperial College London. Die Forschenden gehen in ihrer Erhebung davon aus, dass die bisher seltenen, extremen Hitzewellen in Zukunft noch um 2,7 Grad heißer werden.

Die aktuelle Hitze ist an Land und auch im Meer zu spüren: Mit Wassertemperaturen von bis zu 28 Grad bietet der Badeurlaub in Italien und Kroatien kaum noch Erfrischung.
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Diese Wetterextreme äußern sich nicht nur an Land in ungewöhnlich hohen Lufttemperaturen. Auch die Meere geraten zunehmend ins Schwitzen. Besonders drastisch zeigt sich dieser Trend im Mittelmeer. Derzeit werden in der Adria Temperaturen gemessen, die Badegästen keinerlei Abkühlung mehr verschaffen.

Badewanne Mittelmeer

In der Region um Venedig weist das Meer 28 Grad auf, zwischen Rimini, Split und Dubrovnik liegt die Oberflächentemperatur des Wassers bei immer noch 27 Grad. Generell ist das Mittelmeer im Schnitt aktuell vier Grad wärmer, als für die Jahreszeit üblich. Als Ursache werden auch die Hitzewellen gehandelt, die Italien in den letzten Wochen in Atem hielten.

Ein italienisches Forscherteam stellte bereits im Jänner 2020 fest, dass sich die mediterranen Fluten seit Jahren zusehends aufheizen und die Gewässertemperatur künftig wohl noch weiter steigen wird.

Dass der Mittelmeerraum verstärkt zum Hitzepol avanciert, hängt mit den Temperaturen im hohen Norden und mit jenen auf dem afrikanischen Kontinent zusammen. Die entscheidenden Fragen lauten: Wie weit hat sich die Arktis abgekühlt, und wie heiß ist es in den Tropen? Hat sich die Luft in den Tropen bereits enorm aufgeheizt, drückt diese Richtung Norden und dominiert damit auch das Wetter im mediterranen Raum.

Räume abdunkeln, Ventilator einschalten und die Mittagshitze im Freien meiden – so können auch die heißesten Tage einigermaßen erträglich gestaltet werden.
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Gefahr für die Gesundheit

Hochsommerliche Temperaturen und Hitzewellen belasten in erster Linie ältere Mitmenschen in urbanen Gebieten, sie treffen aber auch Kinder und kranke Menschen. Wohnungen im obersten Stockwerk oder unter dem Dachboden können sich schnell in eine Art Sauna verwandeln. Belastend und erschwerend kommen Tropennächte hinzu, in denen die Temperatur auch nachts nicht unter 20 Grad fällt.

Die dauerhafte Hitzebelastung zieht mittlerweile auch jüngere und gesunde Menschen in Mitleidenschaft. Geht es um extrem hohe Temperaturen, haben auch Gesunde Anpassungsgrenzen, sagt etwa die Umweltmedizinerin Claudia Traidl-Hoffmann. (Marlene Erhart, 9.7.2022)