Irgendwie komme ich mir vor wie Queen Elizabeth II. Die wohnt hier in London gleich hinter meinem Garten, im Buckingham Palace, knapp einen Kilometer von hier entfernt, noch voll in meinem Revier eigentlich. Sie hat schon 14 Premierminister, unter ihnen zwei Frauen, begrüßt – und 13 von ihnen auch verabschiedet. Nummer 14 wird bald folgen.

Larry wartet auf den nächsten Untermieter.
Foto: AP Photo/Kirsty Wigglesworth

Ich habe seit 2011, als ich mein Lotterleben als Streunerkater hinter mir ließ und im Alter von vier Menschenjahren als Larry, Chief Mouser to the Cabinet Office, in die Downing Street einzog, bald meinen dritten Premier überlebt. Boris Johnson, dieser chaotische Wuschelkopf, hat mir und allen anderen Untertanen (der Queen) versprochen, schon bald auszuziehen. Ob man ihm ausgerechnet dieses Versprechen glauben kann? Na hoffentlich.

Fast kommt es mir so vor, als sei ich der einzige stabile Faktor in der britischen Regierung. Seitdem sich David Cameron 2016 mit dem Brexit-Referendum so komplett verkalkuliert hat, herrscht in der Hütte nur noch das blanke Chaos.

Leoparden-Pumps und blonde Wuschel-Chaoten

Dann war Theresa May dran, eh ganz nett. Aber ihre Pumps in Leopardenoptik konnte ich als Vertreter der felinen Spezies natürlich nicht gutheißen – und ich hoffe, sie hat das gemerkt. Ich freute mich, als auch sie weg war, nach nur drei Jahren. Na gut, bei ihrem tränenreichen Abschied aus der Downing Street tat sie mir einen kurzen Moment lang fast leid – aber nur fast.

Und dann kam Boris. Da war ich in Katzenjahren schon Ende 60. Da will man seine Ruhe, aber nein: pausenlos abendliche "Arbeitsbesprechungen", viel Alkohol, viele anzügliche Witzchen. Und der Chef? Will von nichts gewusst haben, flüchtete sich in absurdeste Ausreden. Dabei war er immer dabei, wenn der Schmäh rannte. Können Sie mir glauben.

Übrigens: Meine Website und meinen Twitter-Account @Number10cat betreibe ich natürlich nicht selber, dafür habe ich menschliches Personal, viel zu viel Stress. Ich brauche sehr viel Ruhe, um mich auf die Mäusejagd konzentrieren zu können.

Schmusen mit Obama, Flucht vor Putin

Diese Ruhe wurde mir leider allzu selten gewährt: Barack Obama wollte unbedingt schmusen. Na gut, der war sympathisch, obwohl er Hunde eigentlich lieber hat. Gott sei Dank konnte ich mich wenigstens vor Donald Trump und Wladimir Putin in Sicherheit bringen.

Jetzt wird in der Downing Street also bald ein neuer Untermieter einziehen. Oder wird es eine Frau? Checken Sie meinen Twitter-Account, ich werde es Sie wissen lassen ... (Gianluca Wallisch, Ghostwriter, 8.7.2022)