Die EU will, dass große Messenger wie Whatsapp zur Interoperabilität mit kleineren Anbietern verpflichtet werden – was diese aber wiederum zum Teil gar nicht wollen.

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Es ist einer der Kernpunkt des vor wenigen Tagen vom EU-Parlament abgesegneten "Digital Markets Act": Die großen Messenger sollen zur Interoperabilität mit kleineren Anbietern verpflichtet werden. Die Idee dahinter: Es soll verhindert werden, dass große Anbieter die Menschen in ihre Ökosysteme einsperren. Klingt gut, hat aber ein klitzekleines Problem. Diejenigen, die davon angeblich profitieren sollen, wollen von dieser Regelung zum Teil so ganz und gar nichts wissen.

Kritik

Mit Signal und Threema treten nun zwei der prominentesten "kleinen" Messenger öffentlich gegen die Pläne der EU auf. "Das Ziel von Signal ist es, private und sichere Kommunikation für alle und jeden bereitzustellen. Die Zusammenarbeit mit iMessage und Whatsapp würde letztendlich die Privatsphäre von Signal und seinen Benutzern verschlechtern", ist man etwa bei der Signal Foundation überzeugt.

Die Befürchtung: Über die erzwungene Interoperabiltät würden die hohen Sicherheits- und Privatsphärenstandards von Signal unterwandert. So verwendet zwar auch Whatsapp Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, allerdings sammelt Hersteller Facebook/Meta allerlei Metadaten ein.

Szenario

In dem Moment, wo dann eine Signal-Userin mit dem Nutzer eines anderen Messengers kommuniziere, würden aber ihre Daten auch in die Hände eines zweiten Unternehmens gelangen – das sie im schlimmsten Fall gar verkaufen könnte. Das unterwandere die hohen Datenschutzstandards von Signal, wo man versuche, so wenige Daten wie nur irgendwie möglich einzusammeln.

Threema

Doch die Signal Foundation steht mit ihrer Meinung nicht alleine da. Schon vor einigen Monaten hatte Threema-Chef Martin Blatter gegenüber Netzpolitik.org vor Sicherheitsproblemen gewarnt. Solange nicht alle Messenger dieselbe Plattform nutzen, müssten Nachrichten beim Übergang von einem Messenger zu anderen entschlüsselt werden – was natürlich heißt, dass damit eine effektive Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ausgehebelt wird.

Zudem befürchtet Blatter, dass die Pläne der EU nach hinten losgehen und gar die Macht der großen Anbieter stärken könnten. Anstatt Signal und Threema zu nutzen, müssten dann viele Whatsapp oder iMessage nämlich gar nicht mehr verlassen. (Andreas Proschofsky, 9.7.2022)