WKÖ-Chef Harald Mahrer ist mit der Umsetzung des EU-Ölembargos unzufrieden.

Foto: APA

Wirtschaftskammer-Chef Harald Mahrer beharrt auf seiner Kritik, wonach die Sanktionen gegen Russland "nur mit einer Gehirnhälfte" gedacht worden seien. Als Beispiel nennt er den Ölhandel. "Das wird in großem Stil von Indien gekauft und landet – mit einem entsprechenden Aufschlag – über Umwege wieder in westlichen Industrieländern", erklärte Mahrer gegenüber dem Kurier. Zuvor hatte sich der grüne Sozialminister Johannes Rauch "fassungslos" über Mahrers Aussagen gezeigt. Kritik kam auch von der SPÖ und den Neos.

Geschäft für EU-Reedereien

Tatsache ist allerdings, dass das EU-Ölembargo gegen Russland Schlupflöcher aufweist – so groß, dass ganze Tanker durchpassen. Mit im Geschäft sind dabei Reedereien aus Griechenland, Zypern und Malta, die Angaben der NGO Global Witness zufolge im Mai mehr als die Hälfte der Ölexporte aus russischen Häfen getätigt haben sollen. Demnach wurden von ihnen seit Kriegsbeginn 178 Millionen Fass russisches Öl im Wert von 17,3 Milliarden Dollar abtransportiert, wie das Handelsblatt berichtet.

Gemäß den Plänen der EU-Kommission dürfte dies gar nicht mehr möglich sein, da es europäischen Schiffen nicht erlaubt sein sollte, russisches Öl zu befördern. Doch nachdem Ungarn eine Ausnahme für sein Pipelineöl aus russischen Quellen bekam, brachte Griechenland die Bestimmung zum Öltransport auf See zu Fall. Es bleibt das Verbot für europäische Assekuranzen, diese Transporte zu versichern. Nach der sechsmonatigen Übergangsfrist werden wohl asiatische Mitbewerber einspringen.

Hohe Preisabschläge

Auch für Russland ist es ein gutes Geschäft: Obwohl es sein Öl nun mit Abschlägen von 25 bis 30 Prozent gegenüber dem Weltmarkt anbieten muss, nimmt das Land wegen der stark gestiegenen Preise trotzdem mehr durch Ölexporte ein als vor dem Krieg. Dankende Abnehmer des schwarzen Goldes zu günstigen Preisen sind China und Indien.

Besonders indische Raffineriebetreiber griffen zu und exportierten daraus erzeugte Treibstoffe gewinnbringend nach Europa. Im Mai kamen Daten des Dienstleisters Vortexa zufolge 540.000 Tonnen Diesel und Benzin aus Indien nach Europa – um 50 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Diesen lukrativen Geschäften musste die indische Regierung unlängst einen Riegel vorschieben, da dadurch Sprit im eigenen Land knapp wurde. Für den Export von Diesel werden seither umgerechnet 16 Cent pro Liter fällig, bei Benzin beträgt der Zoll acht Cent.

Kritik zurückgewiesen

Unterdessen wies Mahrer die Kritik von Sozialminister Rauch an seiner schon zuvor geäußerten Meinung über die Sanktionen umgehend zurück. Er sei weder gegen die Sanktionen der EU, noch wolle er Russlands Präsident Wladimir Putin einen roten Teppich ausrollen. "All das ist unterstellend. Wenn der Minister mit unwahren Behauptungen arbeitet, anstatt sich mit den massiven ökonomischen Folgen der Sanktionen zu beschäftigen, dann stiehlt er sich billig aus der Verantwortung", sagte Mahrer. (Alexander Hahn, 11.7.2022)