Die bisher größte Ermittlungsaktion der Zweiten Republik gegen den sogenannten "politischen Islam" verkommt immer mehr zu einer Farce. Die Rede ist von der sogenannten Operation Luxor. Eine Woche nach dem jihadistischen Terroranschlag in Wien brachen hunderte Exekutivbeamte in den Morgenstunden Türen von Wohnungen und Vereinen auf und richteten schweres Geschütz auf mutmaßliche Muslimbrüder und angebliche Mitglieder der terroristischen Hamas in Österreich. Karl Nehammer, heute türkiser Kanzler, inszenierte sich damals im Innenministerium als Taktgeber der martialischen Aktion.

Schon in der Anordnung für die Razzien suchte man allerdings vergebens nach handfesten und eindeutigen strafrechtlichen Vorwürfen, die eine derartige Aktion gegen dutzende angebliche Terroristen und ihre Strukturen rechtfertigen würde. Doch die Ermittlungen hingen von Anfang an in der Luft.

Daran geändert hat sich nicht viel, im Gegenteil: Seit der Hausdurchsuchung sind fast zwei Jahre vergangen, trotzdem kann die zuständige Staatsanwaltschaft in Graz nichts vorweisen – außer peinlichen Niederlagen. Nach und nach zerpflückt das dortige Oberlandesgericht die laufende Operation. Es enthob die zuständigen Gutachter wegen des Anscheins der Befangenheit. Auch die Razzien wurden in einigen Fällen für rechtswidrig befunden. Das betrifft ebenso die umfassende Telefonüberwachung. Selbst der pauschale Terrorvorwurf wird vom Gericht für unzulässig erachtet. Keiner der Beschuldigten kam je in U-Haft. Angeklagt wurde bisher niemand.

Vor fast zwei Jahren sah Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) in der Operation Luxor noch einen gelungenen Schlag gegen den "politischen Islam".
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Es wirkt so, als hätten die Ermittler gehofft, dass das Verfahren durch potenzielle Funde bei der Hausdurchsuchung zum Selbstläufer würde. Ein Erfolg zeichnet sich bisher aber nicht ab.

Das ist auch deshalb problematisch, weil die Ermittlungen Einblick in teils reaktionär-islamistische Kreise geben, in denen ein antizionistisches und antiwestliches Weltbild vorherrscht. In Milieus, in denen ein Beschuldigter Homosexualität als Krankheit und Frauen nicht als gleichwertig ansieht; ein Prediger von der Integration in die "schlechte" Gesellschaft abgeraten und zu Gewalt gegen "Unterdrücker" aufgerufen haben soll; und wo antisemitische Lehrmaterialien auftauchen, in denen die terroristischen Hamas glorifiziert wird.

Das alles fordert eine liberale Demokratie heraus, scheint strafrechtlich aber keinen Terrorstatus zu rechtfertigen. Scheitert die Operation Luxor, haben die Ermittlungsbehörden nicht nur Rechte zahlreicher Unschuldiger verletzt, sondern noch dazu den problematischen Aufpeitschern der Szene Auftrieb verliehen, die sich generell in einem Kampf mit der westlichen Welt wähnen. Wenig überraschend interessierte sich ein enger Kontaktmann des Wiener Attentäters im Gefängnis für die Razzien gegen angebliche Muslimbrüder und wollte über einen Häftlingsbrief von "draußen" mehr darüber erfahren.

In jedem Fall muss die Operation Luxor im Nachgang umfassend durchleuchtet werden: Es wurden massive Ressourcen eingesetzt, die bislang nur zu durchwachsenen Resultaten führten. Liberale und nicht organisierte Muslime wurden einer weiteren Entfremdung ausgesetzt. Und all das unter politischem Applaus der türkisen ÖVP. Eine Untersuchung, wie es dazu kommen konnte, ist jedenfalls unausweichlich. (Jan Michael Marchart, 11.7.2022)