So soll die S-Link-Station am Salzburger Mirabellplatz aussehen. Es besteht die Befürchtung, dass sie auch die Endstation sein wird.

Foto: S-LINK / dunkelschwarz ZT OG

Der 26. Juni brachte einen Schock für die Salzburger ÖVP: Bei einer – trotz fehlender Wahllokale und anderer Hürden – überraschend hohen Beteiligung sprach sich eine große Mehrheit gegen die seit Jahren von der ÖVP forcierte Erweiterung der Altstadtgaragen im Mönchsberg aus.

Warum der Schock bei der ÖVP tief sitzt, zeigt ein Zahlenvergleich: Rund 21.000 Salzburger und Salzburgerinnen stimmten gegen die ÖVP-Pläne; der amtierende Bürgermeister Harald Preuner von der ÖVP kam 2019 mit rund 27.000 Stimmen in die Stichwahl und damit letztlich ins Amt.

Garage formal "beerdigt"

Das Ergebnis der Bürgerbefragung wurde mehrheitlich nicht nur als Statement gegen eine auf das Auto fixierte Verkehrspolitik bewertet. Es sei auch eine Abstimmung über die Spielchen und Schikanen der ÖVP gegen eine immer breiter werdende Bewegung gewesen, hieß es in vielen Kommentaren.

Inzwischen haben sich die Schwarzen etwas von dem Schrecken erholt, die Erweiterung der Großgarage von 1.300 auf rund 2.000 Stellplätze wurde im Gemeinderat am 6. Juli formal zu Grabe getragen.

Projekt S-Link

Mit dem Aus für die Garage geht auch ein Paradigmenwechsel in der verkehrspolitischen Debatte einher. Plötzlich steht der öffentliche Personennahverkehr im Zentrum. Motto: "Die Garage ist tot, es lebe die U-Bahn", Wobei die U-Bahn nicht so genannt wird, sondern S-Link heißt und eine unterirdische Durchbindung der Lokalbahn vom Norden der Stadt in den Süden bringen soll.

Parallel zum Gemeinderatsbeschluss, der das Ende des Garagenausbaus besiegelt hatte, wurde am 6. Juli auch ein Grundsatzbeschluss gefällt, der im Kern eine Weiterführung der bisherigen Planungen vorsieht. Der Schwerpunkt liegt auf der ersten Etappe – einet unterirdischen Verlängerung der Lokalbahn vom Bahnhof bis zum Mirabellplatz.

Endstation Mirabell?

Kostenpunkt für die etwa 850 Meter: 200 Millionen Euro auf Kalkulationsbasis 2022. Die Hälfte übernimmt der Bund, Stadt und Land Salzburg je ein Viertel. Und genau da hakt es: Der noch aus der Eiszeit stammende Seeton im Untergrund der Stadt ist weich und instabil, somit für Bauten denkbar problematisch. Kritiker bezweifeln, dass die Kostenschätzung halten wird. Auch aus den Reihen der Projektgesellschaft sind hinter vorgehaltener Hand Andeutungen zu hören, die vor einer Kostensteigerung warnen.

Dazu kommt, dass für die Durchbindung der Bahn nach Süden keine belastbare Gesamtkostenschätzung vorliegt. Wird nun das Projekt im ersten Bauabschnitt bis zum Mirabellplatz gebaut und dann aus Kostengründen gestoppt, würde damit nur die schon bestehende unterirdische Endstation der Lokalbahn vom Bahnhof um nicht einmal einen Kilometer stadteinwärts verlegt. Die Kosten wären enorm, der Nutzen nahezu null.

Politisch wackelig

Mindestens so instabil wie der Salzburger Seeton ist die politische Konstellation, auf der der Beschluss für den S-Link fußt.

Der Grundsatzbeschluss wurde im Gemeinderat mit den Stimmen von ÖVP, der grünen Bürgerliste, FPÖ, Neos und KPÖ gefällt. Die zweitstärkste Fraktion, die SPÖ, votierte mit Nein. Die SPÖ beteuert zwar, grundsätzlich eine unterirdische Bahn zu befürworten, es fehle allerdings eine Trassensicherung bis in den Süden, und es gebe auch keinen Finanzierungsschlüssel für die weiteren Etappen. Womit nichts anderes gemeint ist als die Befürchtung: Endstation Mirabellplatz.

Skepsis bei ÖVP und Grünen

Aber auch bei den zwei anderen großen Fraktionen ÖVP und Bürgerliste ist die Zustimmung zur Mini-U-Bahn nicht in Stein gemeißelt. Es sind vor allem Verkehrslandesrat Stefan Schnöll (ÖVP) und Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne), die den S-Link forcieren. Schnölls verkehrspolitisch progressiverer Kurs findet in der ÖVP freilich nicht nur Zustimmung. Und so sagen auch führende Stadt-Schwarze zwar nichts gegen das Projekt, rühren aber auch keinen Finger dafür.

Die grüne Bürgerliste wiederum steht mehrheitlich – auch mit Blick auf die Bundes- und Landeskoalition – zur U-Bahn. Sie hat aber in seltener Deutlichkeit vor dem Gemeinderatsbeschluss formuliert, dass sie der ÖVP keinen Millimeter über den Weg traut, und eine Einbindung des Gemeinderats in die Entscheidungen der Projektgesellschaft gefordert. Herausgekommen ist eine quartalsmäßige Berichtspflicht an den Gemeinderat.

Besser oberirdisch?

Für die grüne Bürgerliste eine unbefriedigende Situation, steht sie doch auch außerparlamentarisch unter Druck. Die Initiative "NaSa – Nahverkehr Salzburg" hat ein alternatives, oberirdisches Gesamtkonzept für den S-Link präsentiert. Hauptargument: wesentlich günstiger und verkehrsplanerisch effektiver obendrein. In der NaSa befinden sich seit Jahrzehnten in das Thema Schienenverkehr im Zentralraum Salzburg eingearbeitete Fachleute, ihre Vorschläge sind ernst zu nehmen.

Das Problem für die NaSa ist ein kommunikatives: Während es bei der Garage reichte, ein Nein zu propagieren, geht es nun eben nicht um ein Nein, sondern um komplexere Fragestellungen, wie beispielsweise um die oberirdische Trassenführung. Und so etwas kann man schwer kampagnisieren.

Damoklesschwert Bürgerbegehren

Dass es aber zu einem Bürgerbegehren oder einer Abstimmung über das Projekt kommen wird, ist allen Beteiligten klar. Das wird entweder mit Unterstützungserklärungen von Verkehrsaktivistinnen erzwungen oder gleich vom Gemeinderat beschlossen. Und wie solche Abstimmungen in Salzburg ausgehen, davon kann die ÖVP aktuell ein Lied singen. Stichwort: Mönchsberggarage. (Thomas Neuhold, 12.7.2022)