Die Franz-Fischer-Hütte am Fuße des Großen Mosermandls ist komplett vegetarisch.

Foto: Stefanie Ruep

Hüttenwirtin Evelyn Matejka kocht vegetarisches Bergsteigeressen. Partner Tom Burger kümmert sich um die Buchungen.

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Auf der Mittagskarte stehen etwa Spinatstrudel...

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... und Erdäpfelgröstl – genannt Mosermandlpfandl.

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Hüttenwirtin Evelyn Matejka hat 2020 Fleisch von ihrer Speisekarte gestrichen. Seither gibt es auf der Franz-Fischer-Hütte im Lungauer Naturpark Riedingtal nur noch vegetarische und vegane Gerichte von Kaspressknödel über Linseneintopf bis zum Erdäpfelgröstl. Der Beliebtheit der Hütte in den Radstädter Tauern am Fuße des Großen Mosermandls (2680 m) und des Faulkogels (2654 m) hat das keinen Abbruch getan. Ganz im Gegenteil: Seit die erste und einzige vegetarische Hütte in Österreich mit dem Umweltgütesiegel des Alpenvereins ausgezeichnet wurde, ist das Hüttenbuch voll.

"Ich mache das nicht erst seit drei Jahren, sondern forciere die fleischlose, gesunde Ernährung schon länger", sagt Evelyn Matejka, die seit sechs Jahren die Franz-Fischer-Hütte führt. Doch es gab immer noch Fleischgerichte zur Auswahl. Der letzte Auslöser für den kompletten Umstieg seien die Skandale in der Fleischindustrie gewesen. Sie habe Fleisch mit dem AMA-Gütesiegel lange guten Gewissens gekauft, bis die negativen Schlagzeilen immer häufiger wurden. Zudem hätten zuletzt von 30 Übernachtungsgästen 28 das vegetarische Abendmenü gewählt, also habe sie 2020 einen Schlussstrich gezogen.

Vom Wanderer zum Wirt

Beim Alpenverein sei die erste Reaktion eher verhalten gewesen, erzählt Matejka. Sie hätten gefragt, ob wenigstens Würstel und Speck im Kühlschrank sein könnten. "Ich hab Nein gesagt. Entweder ganz oder gar nicht", betont die 46-jährige Saalfeldnerin. Die gelernte OP-Krankenschwester ist bereits seit 13 Jahren als Hüttenwirtin in den Bergen. Bevor sie 2014 die neu errichtete Franz-Fischer-Hütte übernahm, führte sie sieben Jahre lang die Passauer Hütte in den Leoganger Steinbergen.

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Den zweiten Sommer arbeitet nun auch Evelyns Partner Tom Burger die ganze Saison als Hüttenwirt. Zuvor war der 56-jährige Südtiroler in einem großen Unternehmen im Management tätig. Die beiden haben sich 2018 auf der Franz-Fischer-Hütte kennengelernt. "Ich bin zu Fuß den gesamten Alpenbogen abmarschiert und als Weitwanderer vorbeigekommen", erzählt Burger, der sich damals eine Auszeit nahm. Nach dem Kennenlernen seien sie in Kontakt geblieben. Anfangs verbrachte Burger nur die Wochenenden im Lungau, vor zwei Jahren hat er sich dann für ein Leben auf der Hütte entschieden.

Tagwache um 4.30 Uhr

Der Tag der vegetarischen Hüttenwirtin beginnt um 4.30 Uhr. Während die meisten Gäste noch schlafen, bäckt Evelyn Matejka in der Küche zwischen fünf und zehn verschiedene Kuchen, die Hälfte davon vegan. Bis zwölf Uhr mittags macht sie Vorarbeiten für die Hauptspeisen und bereitet das Abendmenü vor. "Heute habe ich schon 200 Rauna-Knödel gerollt", sagt die 46-Jährige. Ihre zweite Schicht beginnt um 15 Uhr und endet nach dem Abendessen. Dazwischen hat sie Zeit, mit den beiden Hüttenhunden Shila und Fanny rauszugehen oder mit den Gästen zu reden. Sechs fixe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützen Evelyn und Tom im Tagesgeschäft.

Ein Kleinkraftwerk am Zaunersee unterhalb des Faulkogels versorgt die Schutzhütte mit Strom.
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15.000 bis 20.000 Gäste versorgt die Schutzhütte in einer Sommersaison, die von Mitte Juni bis Oktober geht. Obwohl die Hütte mit 34 Betten eher zu den kleineren zählt, kommen in der Vorsaison rund 200 Tagesgäste, in der Hochsaison sogar bis zu 600 hoch auf die Hütte am Zaunersee. Der Bergsee liefert über ein eigenes Kleinkraftwerk den Großteil des Stroms für die Franz-Fischer-Hütte. Dieses Jahr gebe es erstmals Schwierigkeiten mit der Stromversorgung, weil das E-Werk zu wenig erzeuge, sagt Tom Burger und schaut sorgenvoll auf den Zaunersee. "Heuer gibt es weniger Wasser im See, weil der Schnee so schnell geschmolzen ist."

Klimawandel am Berg sichtbar

Der Klimawandel mache sich auf über 2000 Meter Höhe stark bemerkbar. "Man kann zusehen, wie das Wasser verschwindet, da kann keiner mehr sagen, das sei normal", sagt Evelyn Matejka. Um halb elf am Abend könne man nun noch mit der kurzen Hose auf der Hüttenterrasse sitzen, und der Bergsee habe teils 20 Grad.

Ein Grund mehr für die Hüttenwirte, die nachhaltige Bewirtschaftung zu forcieren. 2020 wurde eine eigene biologische Kläranlage gebaut, vorher gab es nur eine Sickergrube. Heuer wurde schließlich noch eine Photovoltaikanlage mit einer Spende der Alpenvereinssektion Britannia montiert. Das Warmwasser für die Duschen mit schrägen Dachfenstern und Bergblick kommt von Sonnenkollektoren.

Im Oktober des Vorjahres erhielt die Franz-Fischer-Hütte das Umweltgütesiegel des Alpenvereins (AV). "In vielen Bereichen der Bewirtschaftung werden die strengen Kriterien des Umweltgütesiegels weit übertroffen", heißt es in der Presseaussendung des AV. "Im Wissen, wie viel Aufwand und Herzblut dahintersteckt, eine Hütte so zu präsentieren, zu warten und zu betreiben, gebührt dem sehr kreativen Pächterpaar hier volle Hochachtung", betonte die Kommission. Entscheidende Kriterien für die Nachhaltigkeit von Berghütten sind, wo die Energie herkommt, wie die Abwasserklärung läuft und wo wie viel Müll gesammelt wird.

Hüttenkochbuch

"Müll haben wir sehr wenig für so einen großen Betrieb", sagt Matejka. Einmal im Monat werde der Abfall im Tal abgeholt, nur fünf bis sechs Säcke würden zusammenkommen. Beim Einkauf setzt das Pächterpärchen auf Mehrweg. Das Bier kommt in Fässern und Flaschen, Gemüse unverpackt in grünen Kisten, die Milch in Edelstahlkannen. Aufstriche und Säfte werden selbst gemacht. Die Zutaten für die vegane Hüttenküche kommen alle aus der Region. "Es gibt keine Quinoa, keine Cashewkerne, Avocados oder Jackfruit, nur, was hier im näheren Umkreis wächst", sagt die Wirtin, die im Winter ein Kochbuch geschrieben hat.

Natürlich sei diese Form der Bewirtschaftung aufwendiger, räumt die Hüttenwirtin ein. Doch das kommt auch bei den Gästen an. An den Wochenenden ist die Hütte heuer bereits ausreserviert. "Es war für uns überraschend zu sehen, wie schnell sich die Marke Franz-Fischer-Hütte am Markt etabliert hat", sagt der frühere Manager Burger. "Und zwar indem man ganz bewusst Nein sagt und dadurch erst richtig Profil bekommt."

Die Hüttenwirte wollen niemanden bekehren, aber einen Tag ohne Fleisch auszukommen, bringe niemanden um. "Das muss nicht jede Hütte machen", sagt Matejka. Aber es werden wohl mehr: Derzeit arbeite ein junges Pärchen auf der Franz-Fischer-Hütte mit – als Sprungbrett für die nächste vegan-vegetarische Hütte in den Bergen. (Stefanie Ruep, 12.7.2022)