Eine "launige Wortmeldung" sei es gewesen, so die Rechtfertigung, als der Bundeskanzler seine Zuhörer angesichts der kumulierten Krisen vor die Wahl zwischen Alkohol und Psychopharmaka stellte. Und genau diese Rechtfertigung zeigt das grundlegende Problem in Österreich auf. Alkohol wird regelmäßig als Lösung vieler Probleme dargestellt. Dabei schafft Alkohol, so eingesetzt wie vorgeschlagen, erst die Probleme – gesundheitliche wie gesellschaftliche.

Alkohol wird regelmäßig als Lösung vieler Probleme dargestellt.
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Schlimmer noch, weil fast schon ignorant, ist die Verharmlosung von Psychopharmaka. Wie oft hört man den Scherz, dass man ein paar "Aufheller" einwerfe, und dann gehe es schon wieder. Es herrscht offenbar kein Bewusstsein dafür, was es bedeutet, Psychopharmaka einnehmen zu müssen.

Diese Medikamente versuchen, das seelische Gleichgewicht wiederherzustellen. Und sie haben auch schwere Nebenwirkungen wie Übelkeit, Gewichtszunahme, Libidoverlust, Gefahr der Abhängigkeit. Natürlich ist es gut und wichtig, dass es in psychischen Krisensituationen auch medikamentöse Unterstützung gibt. Aber eine Behandlung muss immer auch psychologisch oder psychotherapeutisch erfolgen – sonst ist die Chance auf Heilung relativ gering.

Das Thema psychische Gesundheit ist ein drängendes, nicht erst seit Corona. Doch in der Politik fehlt das Verständnis dafür, sie flüchtet sich in Stammtischscherze. Stattdessen wäre ein umfassendes Konzept zur psychischen Gesundheit gefragt. (Pia Kruckenhauser, 11.7.2022)