Auch bei Androhung körperlicher Gewalt nicht klein beigeben: Rita Tushingham und Ian Kenny im Thriller "The Owners".

Foto: Capelight Pictures

Kein Subgenre des Kinos erzählt sinnbildlicher von der Gefahr durch äußere Bedrohung als der Home-Invasion-Thriller. Auf dem Spiel steht die Sicherheit des häuslichen Friedens und damit, auf der Makroebene, auch der Zusammenhalt der Gesellschaft. Der Film noir der 1940er- und 1950er-Jahre gab den sinistren Nährboden für diese Dramen ab, ganze Serien spielten mit dem Terror von Familien, die wie in William Wylers Klassiker The Desperate Hours (1955) im Eigenheim von entflohenen Gefängnisinsassen und anderen Kriminellen tyrannisiert werden.

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Während sich in diesen Prototypen die Verunsicherung einer kriegsführenden Nation widerspiegelte und das Recht auf Selbstverteidigung zu eher ambivalenten Ergebnissen führte, hat sich das postklassische Genrekino seinen eigenen Reim auf die Home-Invasion gemacht. In Fede Alvarez’ US-Schocker Don’t Breathe (2016), in dem eine Gruppe junger Diebe im Haus eines blinden Veteranen in eine tödliche Mausefalle gerät, kommen beispielsweise die Nähe zum Horrorfilm und die damit verbundene Lust an der reinen physischen Sensation zum Vorschein.

Gallige Sicht der Dinge

Mit The Owners, dem Kinodebüt des Franzosen Julius Berg nach Vorlage einer Graphic Novel, gelangt nun eine britische Produktion mit ähnlicher Gangart ins Kino – markant gefärbt von der charakteristisch galligen Sicht der Dinge auf der EU-abtrünnigen Insel: Wenn etwas schiefläuft, dann gleich gewaltig. Das galt ja gerade auch für die Downing Street 10.

Dabei ist der Schauplatz in The Owners Landidylle pur: ein prächtiges Herrenhaus, bewohnt von einem schrulligen älteren Pärchen, Dr. Huggins (Sylvester McCoy) und seiner leicht dementen Frau Ellen. Kinolegende Rita Tushingham, das weibliche Aushängeschild der British New Wave der 1960er, verkörpert sie als Vexierbild einer alten Dame: auf der einen Seite verletzlich und auf der anderen, nennen wir es vielleicht: hochgradig beunruhigend.

Zu Beginn zieht Berg noch stärker das Komödienregister. Eine Gruppe junger Männer, Typus depravierte Arbeiterklasse, steigt bei den Oldies ein, um deren Safe zu knacken. Eine Untertreibung wäre es zu sagen, der Coup sei schlecht vorbereitet. Terry (Andrew Ellis) hat nur gehört, dass die Huggins über Geldvorräte verfügen, sein Freund Nathan (Ian Kenny) und der optisch einschüchternde Gaz (Jake Curran) übertreffen ihn nicht deutlich an Gerissenheit. Maisie Williams kommt als Nathans Freundin zum falschen Zeitpunkt an den falschen Ort hinzu.

Kauzig als Synonym für abgründig

Gewiefter stellt sich das Pärchen an, das während des Einbruchs ins Haus zurückkehrt. Berg unterläuft die vermeintliche Geradlinigkeit des Geschehens, indem er das Kauzige dieses Duos als Synonym für Abgründiges versteht, und zwar mit viel Freude an der bösartigen, gar nicht zimperlichen Wendung. Einen ersten Vorgeschmack davon bekommt man, als der so freundlich deeskalierende Doktor auch dann mit dem Safe-Code nicht herausrückt, als seine Frau unter Androhung von Folter steht.

Harte Schule, wer weiß das schon so genau, da kommt viel zusammen. Wenn sich irgendwann Gas im Gemäuer ausbreitet und dabei das Bildformat zu Drone-Musik klaustrophobisch schrumpft, denkt man unweigerlich an die Schützengräben des Ersten Weltkriegs. The Owners ist kein subtiler Thriller, aber er bleibt bis zum fiesen Finale verbissen. Nasty. (Dominik Kamalzadeh, 13.7.2022)