Unter dem Namen Sbäm vereint Stefan Beham Konzerte, ein Plattenlabel und Artwork für Punkbands weltweit, auch die ganz Großen wie NOFX oder Blink-182. Er spricht über Gratis-Eintritt für unter 18-Jährige, eine über ihn geplante Netflix-Doku, den Schritt in die USA und darüber, was Punk ist.

STANDARD:"Punk’s not dead", ziert als Graffiti viele Wände. Wie untot ist Punk in der Krise?

Beham: Punk ist immer stark, wenn sich politisch viel tut und es so wie momentan zahlreiche Krisen gibt. Deswegen denke ich, dass Punk wieder ziemlich im Kommen ist.

STANDARD: Was ist überhaupt Punk für Sie?

Beham: Punk ist ein Lebensstil, da braucht’s kein Mascherl. Zu machen, was ich will, ohne jemand anderem zu schaden, da fängt Punk an. Natürlich hängt Punk viel mit der Musik zusammen, 1994 habe ich mein erstes Punkrock-Konzert besucht, seither geht es nicht mehr ohne. In dieser Szene haben damals wie heute viele Menschen Platz gefunden, die sonst nirgends reinpassen.

Am 30. und 31. Juli holt Stefan Beham 32 Acts, darunter die Dropkick Murphys, Millencolin und Wizo, nach Linz. Unter 18-Jährige dürfen das Festival gratis besuchen.
Foto: Sbäm

STANDARD: Sie verdienen mit Punkrock Ihr Geld. Im STANDARD-Forum etwa wird Ihnen teilweise vorgeworfen, nur an Geld und Kommerz interessiert zu sein.

Beham: Die müssen es ja wissen (lacht). Ich zahle mir weniger aus, als ein Lehrling bekommt. Rechnungen und mein Team, zehn Leute, müssen bezahlt werden, aber Geld war nie die Motivation. Ich habe auch keine reichen Eltern und mache das als Zeitvertreib. Nach dieser Logik dürfte keine Band Eintritt verlangen oder T-Shirts verkaufen.

STANDARD: Ende Juli erwarten Sie beim vierten Sbäm-Fest 5.000 Leute in der Linzer Tabakfabrik. Wie laufen die Vorbereitungen?

Beham: Es ist unendlich viel zu tun, weil es mittlerweile mehr als ein Musikfestival ist. Wir haben Kunst-Ausstellungen, Workshops, einen Skatepark und Tattoo-Artists dabei. Der Ticketverkauf lief sehr schleppend an, das hat sich mittlerweile gebessert. Ich bemerke den Trend generell, dass Menschen seit Corona weniger auf Konzerte gehen.

STANDARD: Mit Bad Religion hat ein Zugpferd kurzfristig abgesagt, wie geht man damit um?

Beham: Es war ein Schock. Zum Glück hatten wir Bad Religion noch nicht offiziell angekündigt, sonst wäre es noch mühsamer geworden. Drei Monate vorher Ersatz zu finden ist schwer, weil alle Bands gebucht sind. Mit Pennywise hat sich passender Ersatz gefunden.

Stefan Beham sagt, er zahle sich selbst weniger aus, als ein Lehrling bekommt. Über den Vorwurf, ein Sellout zu sein und alles nur wegen des Geldes zu machen, lacht er lediglich.
Foto: Sbäm

STANDARD: In welcher Größenordnung bewegen sich die Ausgaben?

Beham: Für das ganze Festival im oberen sechsstelligen Bereich.

STANDARD: Das ist viel Geld. Trotzdem sind seit 20 Jahren dieselben Bands Headliner von Punk-Festivals. Hat Ihr Geschäft ein Ablaufdatum?

Beham: Klar macht mir das Sorgen. Im Schnitt sind die Besucher meiner Shows 30 bis 35 Jahre alt, da muss etwas passieren. Deswegen müssen unter 18-Jährige keinen Eintritt zahlen, auch jungen Bands gebe ich immer eine Bühne. Anders geht es nicht, die Szene wieder zu verjüngen. Es gibt zwar sehr viele gute Nachwuchsbands, aber momentan schafft es niemand, die Position der Großen einzunehmen. Interesse ist dennoch da, wir haben Karten von England bis Australien verkauft.

STANDARD: Es mangelt an jungen Menschen, wie sieht es beim Frauenanteil in der Szene aus?

Beham: Wie vieles andere auch ist die Punkrock-Szene sehr männerdominiert, zumindest auf der Bühne. Veranstalter sollten Female-Acts mehr Chancen geben, auf Headliner-Ebene ist die Auswahl leider noch sehr klein. Beim Sbäm-Fest sind Frauen bei einem Viertel der Bands dabei, am Label bei der Hälfte. 2024 möchte ich ein 50:50-Verhältnis im Line-up. Das Publikum war immer schon ziemlich ausgeglichen.

STANDARD: Sbäm-Festivals und Konzerte finden aktuell nur in Oberösterreich statt. Es gibt aber Gerüchte, dass Sie mit der Arena Wien liebäugeln. Was ist dran?

Beham: Die Gedanken dazu werden immer lauter. Es wird heuer noch Gespräche geben, fix ist aber noch nichts. In jedem Fall wird ein Teil der Konzerte weiter in Oberösterreich bleiben, dort habe ich mir alles aufgebaut.

SBÄM RECORDS Official

STANDARD: Demnächst begleitet Sie ein US-Filmteam für eine Doku über Sbäm, die auf Netflix laufen soll. Freuen Sie sich?

Beham: Ehrlicherweise habe ich den Gedanken bisher verdrängt, weil es mich massiv stresst. Wir werden ab Mitte Juli vier Wochen lang begleitet, und von unserem Team weiß niemand, wie man sich verhält, wenn rund um die Uhr ein Filmteam dabei ist. Aber die Chance, dadurch bekannter zu werden und mehr Leute zu erreichen, ist gewaltig.

STANDARD: Zum Beispiel in den USA?

Beham: Genau. Wir haben in Arizona eine Tochtergesellschaft gegründet, weil die USA ein extrem wichtiger Markt sind. Dort gibt es nach wie vor einen Hype um Punkrock. Ziel ist es, das Sbäm-Fest auch in Amerika zu veranstalten. Meine Frau und ich planen außerdem, künftig den Winter in den USA zu verbringen und dort für Sbäm zu arbeiten. (INTERVIEW: Andreas Danzer, 14.7.2022)