Walter Rosenkranz wollte schon mit seinem allerersten Satz, den er als freiheitlicher Präsidentschaftskandidat formulierte, keinen Zweifel an seiner strategischen Positionierung lassen. Bei der Pressekonferenz zur Bekanntgabe seines Antritts steht er an einem Pult hoch oben im Wiener DC Tower. Er lässt den Blick bestimmt durch die Fensterfront in die Ferne schweifen und gibt schließlich Grillparzers vielzitierten Ausspruch aus König Ottokars Glück und Ende wieder, der gern als Loblied auf Österreich interpretiert wird: "Es ist ein gutes Land."

Rosenkranz soll auch bürgerliche Wählerinnen und Wähler abholen. Dort sieht die FPÖ Potenzial – vor allem wegen der anderen Bewerber aus dem rechten Lager, die mit ähnlichen Themen im selben Teich fischen, wie das im Wahlkampfsprech oft flapsig genannt wird.

FPÖ-Parteichef Herbert Kickl stellte seinen Präsidentschaftskandidaten mit Freude vor. Dieser, Walter Rosenkranz, will jedenfalls keine Notfalloption gewesen sein.
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Gleichzeitig betont Rosenkranz seine Linientreue: Er kandidiere für die FPÖ, klarerweise trage er den Corona-Kurs von Parteichef Herbert Kickl mit. Der bald 60-Jährige gilt als blaues Urgestein, ist Mitglied einer hart rechten Burschenschaft und seit 2019 Volksanwalt (siehe Porträt unten). "Holen wir uns unser Österreich zurück", lautet sein Slogan.

Erst Dienstagabend hatte Kickl seinen Kandidaten bei einem kurzfristig einberufenen Parteipräsidium intern vorgestellt. In die Pläne des FPÖ-Chefs war nur ein enger Kreis eingeweiht, öffentlich wurde mit einer Kandidatur der FPÖ-Abgeordneten Susanne Fürst gerechnet. Selbst hochrangige Parteifunktionäre hatten nicht gewusst, dass Rosenkranz ins Rennen geschickt werden soll. Letztlich wurde sein Antritt in dem blauen Gremium einstimmig in die Wege geleitet. Er sei schon länger "im Pool" des Parteichefs gewesen, entgegnete Rosenkranz auf die sinngemäße Frage, ob er ein Notfallkandidat gewesen sei.

Aber wie stehen seine Chancen? Aus dem rechten Lager treten neben Rosenkranz jedenfalls zwei weitere Kandidaten bei der Hofburg-Wahl an: Gerald Grosz, der früher sowohl für die FPÖ als auch fürs BZÖ aktiv war, und der Rechtsanwalt Michael Brunner, Gründer der Impfskeptikerpartei MFG. Man könne von einer "leichten Kannibalisierung" sprechen, sagt der Politikwissenschafter Peter Filzmaier. Allerdings gehe es der FPÖ bei dieser Wahl gar nicht um ein paar Prozentpunkte mehr oder weniger.

Gegen Amtsinhaber Alexander Van der Bellen werden ohnehin niemandem ernsthafte Chancen zugesprochen. Vielmehr, sagt Filzmaier, nutze die FPÖ nun die Medienbühne für die anstehenden Landtagswahlen in Tirol, Niederösterreich, Kärnten und Salzburg. "Durch die anderen Kandidaten auf der rechten Seite ergibt sich für die FPÖ der paradoxe Vorteil, dass noch mehr über ihre Wunschthemen gesprochen wird."

Die Ausgangslage sei also nicht zwingend ein Nachteil, befindet Filzmaier. Der Politikexperte geht überdies davon aus, dass von den rechten Herausforderern den Freiheitlichen Stand heute auch niemand ernsthaft gefährlich werden kann. Obwohl das Ergebnis der MFG auch noch vom bevorstehenden Pandemieherbst abhänge. Wichtig sei für die Blauen vor allem eines, sagt der Politologe: dass beim Ergebnis am Ende "vorn ein Zweier" stehe.

Die Darlehen des Walter Rosenkranz

Der Wahlkampf scheint jedenfalls schon vollem Gange zu sein. Just vor der freiheitlichen Präsentation am frühen Mittwochnachmittag brachte der ÖVP-nahe "Exxpress" Rosenkranz mit einer mutmaßlichen "Schulden-Causa" in Verbindung. Angeblich soll sich der blaue Kandidat in den vergangenen Jahren jeweils 100.000 Euro von der niederösterreichischen FPÖ sowie von der Bundespartei ausgeliehen haben. Das Medium monierte, dass es sich dabei um Steuergelder für eine Privatperson handle und stellte die Frage in den Raum, warum Rosenkranz zusätzlich zu seinen Gehältern als Volksanwalt und Ex-Funktionen in der FPÖ überhaupt solche Darlehen benötigt habe.

"Die gesamte Angelegenheit liegt lange Zeit zurück und ist bereits seit mehreren Jahren abgeschlossen", teilt die FPÖ auf Anfrage mit. "Die Darlehenshöhe war wesentlich niedriger als die in den Medien kolportierten Summen. Die Darlehensvergabe wurde damals vorab juristisch geprüft. Es ist mittlerweile alles getilgt. Walter Rosenkranz hat keine Schulden bei der FPÖ."

Die drei Kandidaten aus dem rechten Lager im Überblick:

Rosenkranz, Jurist mit rechtem "Lebensbund".
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Walter Rosenkranz

Volksanwalt und höflicher Hardliner aus deutschnationaler Bude

Nicht verwandt oder verschwägert: Diesen Satz kennt der FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat Walter Rosenkranz gut. Er bezieht sich auf die ehemalige FPÖ-Mandatarin Barbara Rosenkranz, mit der er lange im Parlament saß. Verheiratet ist der Jurist und Volksanwalt mit der Kremser FPÖ-Stadträtin Susanne Rosenkranz.

Der aus einer konservativen Lehrerfamilie stammende Rosenkranz ließ sich vor seinem Jusstudium auch zum Musiklehrer ausbilden und wurde aufgrund tadelloser Umgangsformen oft als der Umgängliche, Gemäßigte unter den Blauen bezeichnet. Doch er ist ein ideologischer Hardliner und "Alter Herr" in einer der ältesten deutschnationalen Burschenschaften. In der Libertas Wien ist das Fechten von Mensuren Pflicht. In den 1870er-Jahren schloss sie als erste Juden aus. In jüngerer Zeit fiel sie durch die Unterstützung rechtsextremer Gruppen wie des Bunds freier Jugend auf. Eine Mitgliedschaft gilt als "Lebensbund". (cms)

Michael Brunner ist Gründer und Chef der MFG.
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Michael Brunner

MFG-Chef gegen Covid-Maßnahmen und gegen Russland-Sanktionen

Er spricht von "Systemmedien" und "Systemparteien", er würde die Bundesregierung als Bundespräsident entlassen – und er tritt für die sofortige Aufhebung aller Corona-Maßnahmen ein: Der Jurist Michael Brunner hat es mit markigen populistischen Sprüchen geschafft, für Aufmerksamkeit zu sorgen. Nun will der streitbare Chef der impfkritischen Partei MFG, die Brunner im Februar 2021 gegründet hat, auch auf dem Stimmzettel für die Bundespräsidentschaftswahl stehen. Neben Corona beschäftigt Brunner auch der Ukraine-Krieg. Er spricht von einem "Stellvertreterkrieg der USA gegen Russland" – und er fordert ein Ende der Sanktionen gegen Russland. Diese hätten nicht Russland geschadet, sondern der österreichischen Bevölkerung. Brunner vermutet zudem eine Infiltration seiner Partei: "Wir wissen, dass Personen in unsere Reihen eingeschleust wurden bzw. werden, um uns zu spalten und gegeneinander auszuspielen." (krud)

Gerald Grosz, Unternehmer und Ex-BZÖ-Chef.
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Gerald Grosz

Ex-BZÖ-Chef baut im Wahlkampf weiter an seiner Marke

Die Slogans von "politischem Chaos" oder "Systemkorruption der Regierung", die auf der Homepage von Gerald Grosz zu lesen sind, könnten 1:1 von der FPÖ stammen. Das war auch die einstige politische Heimat des 45-jährigen Steirers, ehe er mit Jörg Haider zum BZÖ wechselte, für das Bündnis im Nationalrat saß und von 2013 bis 2015 BZÖ-Chef wurde. Nun will der medial umtriebige Unternehmer – als weiterer Vertreter des rechten Spektrums – im Wahlkampf umrühren und im FPÖ-Wählerteich fischen. Grosz baut dabei weiter an seiner Marke, wobei er sich großflächig auch an Donald Trumps Kampagne bedient: "Make Austria Grosz Again" steht etwa auf einem roten Kapperl, feilgeboten im Online-Webshop von Grosz um knackige 29,90 Euro. Auch Grosz würde übrigens die Bundesregierung entlassen – "als erste Amtshandlung". Und: Die Corona-Pandemie müsse mitsamt aller Maßnahmen für beendet erklärt werden. (krud)(David Krutzler, Jan Michael Marchart, Katharina Mittelstaedt, Colette M. Schmidt, 14.7.2022)