Im März ließ Airbus erst mal einen A380 fliegen, bei dem eines der Triebwerke ausschließlich mit speiseölbasiertem Kraftstoff betankt war.

Foto: Airbus

Die Luftfahrtbranche hat es derzeit nicht leicht. Einerseits befindet sie sich infolge der Pandemie immer noch im Krisenmodus, andererseits steht sie aufgrund ihrer Emissionsbilanz zunehmend stärker in der Kritik. Dass Luftlinien derzeit zahlreiche "Geisterflüge" absolvieren, um ihre Verkehrsrechte zu wahren, sorgt für Kopfschütteln. Laut dem deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (Stand: 2020) trägt der Flugzeugverkehr weltweit 3,5 der klimarelevanten Emissionen bei, was ein durchaus beachtlicher Brocken ist. Und gerade Kurzstreckenflüge stehen im Verruf, einerseits besonders schädlich zu sein, während sie sich andererseits mit anderen Verkehrsmitteln – insbesondere Zügen – ersetzen ließen.

Gearbeitet wird an verschiedenen Lösungen. Nicht nur, wenn es um Erweiterung des Schienenverkehrs geht, sondern auch, wenn es um den technischen Fortschritt der Flugindustrie selber geht. Diese will bis 2050 CO2-neutral operieren. Klar ist jedoch, dass Elektroflugzeuge noch nicht so weit sind, um jene Aufgaben zu stemmen, die kerosinbetriebene Linienflieger heute leisten. Doch es tut sich etwas in Sachen Treibstoffen. Statt Erdöl könnte künftig Speiseöl zur Grundlage werden.

Fliegen mit Altfett

Ein solches Projekt für SAFs (Sustainable Aviation Fuels) treibt etwa Airbus voran. Am 25. März hob ein Airbus A380 vom Flughafen Blagnac bei Toulouse zu einem dreistündigen Testflug ab. Einer der vier Trent-900-Triebwerksmotoren wurde dafür vollständig mit einem SAF betankt. Ein zweiter Testflug fand am 29. März statt, wo der Treibstoff für den Einsatz bei Start und Landung erprobt wurde. Beide Flüge verliefen erfolgreich.

SAFs, wie das hier verwendete, bestehen zum größten Teil aus verbrauchtem Pflanzenöl sowie anderen Altfetten und benötigen daher keine eigenen Anbauflächen. Der beim Airbus-Versuch genutzte Tankinhalt wird als HEFA-SPK (Hydroprocessed Esters and Fatty Acids – Synthetic Paraffinic Kerosene) bezeichnet. Bei der Herstellung werden die Fette filtriert und mittels eines chemischen Verfahrens zu einer Substanz verarbeitet, deren Eigenschaften Kerosin ähneln. Es gibt auch SAFs auf Basis von verschiedenen Formen von Biomasse.

Sie sind nicht zu verwechseln mit E-Fuels, für deren Herstellung Elektrizität und CO2 herangezogen wird. Auch sie sind ein potenzieller Kerosinersatz. Der hohe Stromaufwand bei der Produktion steht allerdings in Verruf. Als nachhaltig gelten sie nur, wenn die notwendige Energie ausschließlich aus erneuerbaren Quellen bezogen wird.

Kleine Flieger als Vorreiter

Die SAF-Technologie existiert schon länger, wird aber immer weiter verbessert. Bislang war ihr Einsatz allerdings auf Beimischung von maximal 50 Prozent zum Kerosin erlaubt. Airbus strebt an, verschiedene Flugzeuge bis 2030 bereit für die vollständige Umrüstung auf SAF zu machen. Der Konzern hat die Produktion des A380 im vergangenen Jahr eingestellt, da die Nachfrage nach Jumbo-Linienfliegern stark zurückgegangen ist. Man will sich nun auf mittlere Größen fokussieren, die für die zunehmende Anzahl an Direktflügen auf Langstrecken verstärkt nachgefragt werden.

Bei kleineren Linienfliegern könnte es sogar noch schneller gehen, berichtet Hackaday. Der Flugzeughersteller ATR und die schwedische Regionalfluglinie BRA erproben seit Jahren den Einsatz eines SAF des Produzenten Neste. Am 21. Juni absolvierte eine ATR 72-600 (Linienmodell mit 74 Sitzplätzen) erfolgreich einen Flug von Malmö zum Luftlinie etwa 500 Kilometer entfernten Airport Bromma bei Stockholm mit hundertprozentiger SAF-Betankung beider Turboprop-Motoren. ATR strebt eine Zulassung für kommerzielle Flüge mit purem SAF bis 2025 an.

Hürden

Neben den Zertifizierungen gibt es für den alternativen Treibstoff noch die Kostenhürde zu nehmen. Die Verfügbarkeit ist noch recht limitiert, was auch dazu beiträgt, dass er etwa zwei- bis dreimal so teuer ist wie Kerosin. Das könnte sich durch Massenproduktion, aber auch staatliche Lenkungsmaßnahmen ändern. Auf EU-Ebene wird etwa die Einführung einer Steuer auf den bisher privilegierten, kommerziellen Kerosinverbrauch debattiert.

Gänzlich emissionsfrei geflogen wird mit SAFs allerdings nicht. Dem Treibstoff kommt aber zugute, dass ein Teil des anfallenden CO2 durch die Pflanzen gebunden wird, die für die Ölherstellung genutzt werden und nachwachsen. Airbus gibt an, dass Flüge auf Speiseölbasis zwischen 53 und 71 Prozent der CO2-Emissionen im Vergleich zu Kerosin einsparen können. (gpi, 13.7.22)