Ab Mitte der 2080er-Jahre werden jährlich mehr Menschen sterben als geboren werden.

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7,977 Milliarden Menschen leben derzeit auf der Erde – und es werden immer noch mehr, wenn auch langsamer. Aktuell wächst die Bevölkerung jedes Jahr um 0,8 Prozent, das ist der niedrigste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen durch die Vereinten Nationen im Jahr 1950. Das geht aus dem aktuellen Weltbevölkerungsbericht hervor, welchen die Uno am Montag veröffentlicht hat.

Die Grenze von acht Milliarden soll laut Vereinten Nationen am 15. November dieses Jahres überschritten werden – wenn auch nur symbolisch. Denn wie viele Menschen auf der Erde leben, weiß niemand ganz genau. Die runde Zahl sei eine "Gelegenheit, unsere Vielfalt zu feiern" und "über Fortschritte im Gesundheitswesen zu staunen", sagte UN-Generalsekretär António Guterres, aber auch "eine Erinnerung an unsere gemeinsame Verantwortung für unseren Planeten".

Indien überholt China 2023

Das bevölkerungsreichste Land bleibt weiterhin China, das aber laut UN-Prognosen bereits kommendes Jahr von Indien abgelöst werden wird. Mehr als die Hälfte des Bevölkerungswachstums bis 2050 werde außerdem auf acht Länder entfallen: die Demokratische Republik Kongo, Ägypten, Äthiopien, Indien, Nigeria, Pakistan, die Philippinen und Tansania.

Zwei Drittel des prognostizierten Bevölkerungswachstums bis 2050 seien außerdem der Dynamik der vergangenen Jahrzehnte geschuldet. Heißt: Die vielen jungen Menschen aus kinderreichen Familien werden in den kommenden Jahrzehnten die Einwohnerzahl in die Höhe treiben – selbst wenn diese nur wenige Kinder bekommen. Aus diesem Grund würden Maßnahmen, die darauf abzielen, die Geburtenrate zu reduzieren, kaum Einfluss auf die Entwicklung bis zur Mitte des Jahrhunderts haben, heißt es in dem UN-Bericht.

Ab Mitte der 2080er-Jahre werde sich die Weltbevölkerung nämlich ohnehin bei rund 10,4 Milliarden Menschen stabilisieren und danach sogar leicht schrumpfen. Im Szenario mit einer mittleren Fertilitätsrate ist das etwa im Jahr 2086 der Fall.

In Europa und Nordamerika wird die Bevölkerung bereits Ende der 2030er-Jahre ihren Höhepunkt erreichen und dann abnehmen. In der EU schrumpfte die Bevölkerung 2021 bereits das zweite Jahr in Folge. Den stärksten Rückgang verzeichnete Italien mit einem Minus von 253.000 Menschen, das stärkste Plus gab es in Frankreich mit 186.000 Einwohnern.

Ukraine und Baltikum schrumpfen am stärksten

Die Länder, die bis 2050 am meisten schrumpfen werden, sind, ungeachtet des Krieges, die Ukraine sowie Bulgarien, Lettland, Litauen und Serbien. Dort nimmt die Bevölkerung, vor allem aufgrund von Abwanderung, bis Mitte des Jahrhunderts um mehr als 20 Prozent ab. Für Österreich prognostiziert die Uno 2050 in etwa die gleiche Einwohnerzahl wie heute, nämlich knappe neun Millionen.

Für John Wilmoth, Direktor der UN-Bevölkerungsabteilung, stecken in der globalen Entwicklung – trotz aller regionalen Unterschiede – viele Chancen vor allem für Entwicklungsländer. Dies gelte neben der Bekämpfung von Armut oder Hunger vor allem für das Thema Bildung: Weniger Nachwuchs erhöhe die Aufmerksamkeit pro Kind, sagte Wilmoth der Deutschen Presse-Agentur.

Lebenserwartung wegen Corona leicht gesunken

Kehrseite niedrigerer Geburtenraten sei jedoch, dass die Bevölkerung insgesamt älter werde und ein größerer Anteil in ein Alter komme, in dem er auf Hilfe angewiesen sei. Denn nach UN-Schätzungen wird ein Mensch im Jahr 2050 77,2 Jahre alt werden. Zuletzt war die Lebenserwartung aufgrund der Corona-Pandemie von 72,8 Jahren (2019) auf 71 Jahre (2021) gesunken. Das widerspricht allerdings dem langfristigen Trend: Seit 1990 ist die weltweite Lebenserwartung um fast neun Jahre gestiegen. (red, APA, 15.7.2022)