Der Nino aus Wien hat mit seiner Band gerade das Album "Eis Zeit" veröffentlicht. Leiwand.

Foto: Pamela Rußmann

Die letzte war eine karge Platte, so im Wurstplattensinn gesprochen. Eine Dürre lag da, harter Käs, und das Gemüse trug Falten, als stammte es aus einer Reliefkarte von der Buckligen Welt. Ocker Mond hieß das Album, und Der Nino aus Wien hat es in einer Nacht nahezu allein eingespielt. An Nick Drake hat er Maß genommen, an dessen Pink Moon. Das ist ein verschlossenes Singer-Songwriter-Meisterwerk. Ocker Mond erschien im Frühjahr 2020. Damals besaß man plötzlich Lockdown-Erfahrung und war verloren auf Social Distancing unterwegs.

Jetzt ist Eis Zeit erschienen, und es ist ein Bandalbum. Mit kurzen Soli, einem Rhythmus, der nicht nur schlurft, ein Indierock-Album mit diesen speziellen um sich selbst kreisenden Melodien, die Nino Mandl, der Nino aus Wien, so gut kann.

Mehr Street

Der gilt seit seinem Auftauchen 2008 als ein origineller Erneuerer des Austropop. Als einer, der kein Problem damit hat, mit André Heller verglichen zu werden, der dessen Idiom sogar pflegt, aber nicht dessen Poesie. Da ist Nino doch mehr Street, wie der Hip-Hop sagt. Und der Musik hört man an, dass sie in der Zeitrechnung nach Punk produziert wurde, den der klassische Austropop damals ja nicht einmal ignoriert hat.

Medienmanufaktur Wien

Eis Zeit ist (wieder) ein Werk großer Ambivalenz – zwischen Lebensfreude und Melancholie. Die Songs gedeihen in Settings, die man Randgebiete nennt. Dort singt Nino über ein Rendezvous, streicht Ohne Schlaf herum, da schreibt er am Zentralfriedhof im Gehen ein Lied wie das am Ende des Albums platzierte Olles hot sei End.

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Oft ein Bein im Klischee, das andere aber doch auf einem eigenen Weg. Dargebracht mit Lakonie, Zärtlichkeit und dem Mut, eine Aufnahme nicht gleich noch einmal zu machen, nur weil die Stimme an einer oder mehreren Stellen ausdünnt.

Beiläufig

Nino Mandl zählt zu der Generation, die der Welt Bands wie Wanda beschert hat, die bei ihm früher im Vorprogramm gespielt haben – heute ist es umgekehrt. Wo Marco Wanda ein Vollkontakttyp ist, ist Nino einer, der sich mit dem Rücken zum Publikum stellt. Nicht aus Unsicherheit oder Arroganz, einfach so. Locker unlocker bleiben.

Eis Zeit besitzt eine Dringlichkeit, ohne aufdringlich zu sein, eine Mischung aus Beiläufigkeit und Detailreichtum. Das kann der Nino ziemlich gut. (Karl Fluch, 15.7.2022)